Sicherungshaft lässt Koalition mit Opposition reden
ÖVP und FPÖ haben Gesprächsbedarf. Sie haben SPÖ und NEOS zu einer Verhandlungsrunde über die Einführung einer Sicherungshaft für gefährliche Asylwerber gebeten. Ob man sich einigt, ist unsicher. Richter und Anwälte hoffen jedenfalls nicht darauf.
Am Vortag hatte die Regierung ja ihr Vorhaben vorgestellt. Demnach soll in der Verfassung die Möglichkeit einer Sicherungshaft geschaffen werden. Ein Verwaltungsrichter soll dann innerhalb von zwei Tagen entscheiden, ob diese legitim ist. Betroffen wären Asylwerber, die eine erhebliche Gefahr darstellen. Schon der Vertreter der Verwaltungsrichter äußerte im Ö1-„Mittagsjournal“ Skepsis, würden die Juristen doch möglicherweise gar nicht Einsicht in alle relevanten Dokumente erhalten, da diese der nationalen Sicherheit unterliegen würden.
Auch die Vorsitzende der Richtervereinigung Sabine Matejka winkte ab. Sie befürchtet gegenüber der APA, dass die Regierung die Grundlage für weitergehende Eingriffe in die Freiheitsrechte über Asylwerber hinaus schaffen will. Der Präsident der Rechtsanwaltskammer, Rupert Wolff, hält die Präventivhaft-Pläne gar für „brandgefährlich“. Er geht davon aus, dass die derzeitigen Möglichkeiten – also einerseits die Untersuchungshaft bei konkretem Tatverdacht und andererseits die Möglichkeit der Unterbringung von geistig beeinträchtigten Menschen, die gefährlich sind – ausreichen.
Justizminister Josef Moser (ÖVP) wies die Kritik zurück. Seine Sprecherin betonte, dass keine weiteren Gruppen von der Sicherungshaft betroffen sein würden. Eingebaut werden soll die neue Haft nämlich in die Schubhaft-Grundlage, die ja letztlich nur von Abschiebung bedrohte Flüchtlinge betrifft.
Aus verfassungsrechtlicher Sicht äußerten ungeachtet dessen diverse Experten Bedenken. Wie stelle der Richter fest, ob jemand gefährlich sei, fragt etwa Verfassungsrechtler Heinz Mayer und betont: „Es gibt aus gutem Grund keine Haft auf Verdacht.“ Sein Kollege Theo Öhlinger meint, dass für eine Sicherungshaft ein substanzieller Verdacht auf strafbare Handlungen vorliegen müsse – entweder auf schon begangene oder konkret geplante.
Die SPÖ pocht jedenfalls darauf, dass zunächst einmal geklärt werden müsse, ob der Anlassfall nicht auch ohne neues Instrument verhindert werden hätte können. In Vorarlberg hatte ein vielfach vorbestrafter Asylwerber einen Beamten getötet. Das Innenministerium bestreitet ja, dass es eine Möglichkeit gegeben hätte, den Mann in Gewahrsam zu nehmen.
Bevor die Sozialdemokraten hier keine Gewissheit haben, werden sie aber nicht konkret darüber diskutieren, ob sie einer neuen Verfassungsbestimmung die notwendigen Stimmen geben. Zur Zwei-Drittel-Mehrheit verhelfen könnten der Koalition auch die NEOS. Doch auch die bremsen bisher eher und verlangen einmal einen konkreten Gesetzesentwurf. Den könnte es allenfalls kommenden Donnerstag geben. Denn für diesen Tag haben die Klubchefs August Wöginger (ÖVP) und Walter Rosenkranz (FPÖ) die Vorsitzenden von SPÖ und NEOS zu einem ersten konkreten Gespräch geladen.
Wöginger appellierte bereits am Donnerstag an SPÖ und NEOS, „hier gemeinsam eine gesetzliche Regelung zu finden, um einerseits dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung Rechnung zu tragen und andererseits die größtmögliche Gewährleistung der Grund-und Freiheitsrechte sicherzustellen“.
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