Multitalent Werner Schneyder 82-jährig in Wien gestorben

Der Kabarettist, Autor und Schauspieler Werner Schneyder ist am Samstagnachmittag im Alter von 82 Jahren in Wien überraschend gestorben. Mit dem multitalentierten Künstler, der u.a. als Sänger, Boxkommentator, Werbetexter, Dramaturg oder Essayist arbeitete, verliert Österreich auch einen der pointiertesten politischen Kommentatoren und einen seiner bekanntesten Satiriker.

Schneyder, der sich in einer oft gebrauchten Eigendefinition als „Universaldilettant“ beschrieb, war am gestrigen Samstag nach dem Mittagessen in seine Wohnung gefahren, wo er am Sonntag aufgefunden wurde, wie sein Management gegenüber der APA erklärte. Das offizielle Österreich – dem Schneyder nicht selten die Leviten gelesen hatte – würdigte den kulturellen Tausendsassa, der bis zuletzt Artikel über die kulturellen und politischen Verhältnisse veröffentlichte – zuletzt am 28. Februar in „Die Zeit“ unter der schicksalhaften Überschrift „Glaubhaft bis in den Tod“ -, am Sonntag umfassend.

Für Bundespräsident Alexander Van der Bellen verliert das Land mit Schneyder „einen seiner vielfältigsten und beliebtesten Künstler“, der „sein treues und zahlreiches Publikum“ zu unterhalten wusste: „Oft spöttisch, zornig, polemisch, politisch – aber nie banal.“ Sein Tod reiße „eine schmerzliche Lücke in das heimische Kulturschaffen“. Auch Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) würdigte Schneyder als Künstler, der „das Leben der Menschen auf vielfältige Art und Weise“ kommentiert „und die Zuschauerinnen und Zuschauer auch immer wieder herausgefordert und zum Nachdenken angeregt“ hat. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) zeigte sich angesichts Schneyders Ableben betroffen: „Sein scharfer Blick auf gesellschaftliche Entwicklungen und seine kritische Stimme werden sehr fehlen.“

Am 25. Jänner 1937 in Graz geboren, wuchs Schneyder in Klagenfurt auf und besuchte dort das Realgymnasium. Schon mit 15 Jahren schrieb er über Fußballspiele und während seines Studiums – er studierte ab 1954 an der Universität Wien Publizistik und Kunstgeschichte – war er als freier Lokal- und Sportreporter unterwegs. Nach der Universität arbeitete er als Werbetexter und Dramaturg für die Landestheater Salzburg und Linz.

Von 1965 an arbeitete Schneyder als freier Autor, bis ihn Kurt Weinzierl mit dem Kabarettisten Dieter Hildebrandt zusammenführte und 1974 mit dem Programm „Talk täglich“ eine achtjährige Erfolgspartnerschaft des Duos begann, das im gesamten deutschen Sprachraum Furore machte. Nach zahlreichen Erfolgen zog das Programm „Ende der Spielzeit“ 1982 einen Schlussstrich unter die gemeinsame kabarettistische Zusammenarbeit.

Nach den eigenen Fernsehshows „Salon“ und „Stichwort“, einigen Drehbüchern – darunter etwa jenes zur Verfilmung von Peter Roseggers „Jakob der Letzte“ -, schrieb Schneyder seinen ersten Roman und fungierte als Gastmoderator des ZDF-„Sportstudio“. Daneben agierte der Sportbegeisterte auch als Boxkampfrichter, für das ZDF berichtete er etwa von den Olympischen Spielen aus Los Angeles, Seoul und Barcelona. Für den ORF moderierte er unter anderem das Kult-TV-Format „Club 2“.

Sein erstes kabarettistisches Soloprogramm stellte er 1981 unter dem Titel „Solo mit Trio“ vor. 1996 zog er sich von der Kabarettbühne für mehr als ein Jahrzehnt zurück und widmete sich verstärkt dem Schreiben. Im Rahmen des Programms „Das war’s von mir“ präsentierte er 2017 seine besten Kabarettnummern in aktualisierter Version und mit vielen Chansons. Als Regisseur war er unter anderem am Münchner Theater am Gärtnerplatz, am Theater in der Josefstadt, im Stadttheater Walfischgasse oder am Salzburger Landestheater tätig.

Schneyder veröffentlichte zahlreiche Bücher, etwa „Gelächter vor dem Aus“ (1980), „Erich Kästner – ein brauchbarer Autor“ (1982), „Schlafen Sie gut, Herr Tucholsky!“ (1983), „Herz im Hirn“ (1988) oder „Das Gefährliche an der Kunst“ (1991). Außerdem legte er den Gedichtband „Reimzeit“ (1995), das Selbstporträt „Ich, Werner Schneyder – meine zwölf Leben“ (2006) und drei Jahre nach dem Tod seiner Frau Ilse „Krebs – eine Nacherzählung“ (2008) vor.

Mit dem 2014 erschienenen Buch „Von einem, der auszog, politisch zu werden“ legte er gewissermaßen eine Autobiografie, Kabarettgeschichte und ein Bekenntnisbuch in einem vor, das „Die Geschichte eines ‚Meinungsträgers'“ erzählt, der sich weiterhin Gehör verschafft. Zur Bundespräsidentenwahl 2016 bemerkte Schneyder etwa in einem Interview: „Es lohnt sich, weiter seine Meinung zu sagen und manchmal auch zu brüllen.“ In der Auseinandersetzung zwischen Van der Bellen und Norbert Hofer (FPÖ) positionierte er sich klar aufseiten des nunmehrigen Bundespräsidenten.

Angesichts der Nationalratswahl 2017 sagte er in Richtung des Wahlsiegers Sebastian Kurz (ÖVP): „Es hat ein junger Strahlemann die Wahl deutlich gewonnen, dem hab ich wirklich immer wieder zugehört und gedacht: Irgendwann wird er konkret werden. Wurde er nie!“ Schneyder selbst bezeichnete sich einmal als „in einigen Punkten erzkonservativ, in anderen tief grün, flächendeckend liberal und sozialpolitisch sehr links“. Den Islam kritisierte er mitunter scharf: „De jure ist er eine Religion, die die Weltherrschaft anstrebt.“ Die oftmals aus politischer Korrektheit gepflegte Toleranz gegenüber dieser Religion hielt er für falsch.

Schneyder war Mitglied des österreichischen PEN-Clubs und Träger zahlreicher Auszeichnungen, wie etwa der Theodor-Körner- und der Karl-Renner-Förderpreis. Er wurde zudem mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse, dem Nestroy-Ring der Stadt Wien, dem Deutschen Kleinkunstpreis, dem „Goldenen Verdienstzeichen“ der Stadt Wien, dem Bayrischen Ehren-Kabarettpreis oder dem „Salzburger Stier“ ausgezeichnet. In der Mainzer Innenstadt ist er mit einem „Stern der Satire“ verewigt. Kurz vor seinem 80. Geburtstag wurde er auch mit dem Großen Ehrenzeichen des Landes Kärnten ausgezeichnet.

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