ÖGB-Chef Katzian will sich gegen Karfreitagsregelung wehren

Der ÖGB wird die neue Karfreitagsregelung nicht so einfach stehen lassen. Präsident Wolfgang Katzian kündigte an, eine rechtliche Expertise in Auftrag zu geben. Zeige die eine Chance, einen Prozess zu gewinnen, „werden wir es machen“. Ansonsten will man sich über den „persönlichen Feiertag“ wehren.

Was Katzian damit konkret meint, deutete er in einem Hintergrundgespräch zumindest an. So werde es in Betrieben wohl die Möglichkeit geben, dass alle Mitarbeiter am selben Tag, etwa einem Fenstertag, ihren Rechtsanspruch auf den „persönlichen Feiertag“ geltend machen. Zur Erinnerung: Der Arbeitgeber muss diesen gewähren, wenn er rechtzeitig (heuer 14 Tage, später drei Monate im Voraus) angemeldet ist. Arbeitnehmer könnten nur gebeten werden, an diesem Tag zu arbeiten, bekämen dann aber die Feiertagszuschläge. Verständigen sich also alle auf den selben Tag, wird der Dienstgeber im Regelfall gezwungen sein, am jeweiligen Tag zuzusperren oder die Zuschläge auszubezahlen.

Katzian konzedierte, dass die Angelegenheit nicht nur eine Rechts- sondern auch eine Machtfrage sei. Nicht umsonst jubelten die Arbeitgeber. Besonders stört den ÖGB, dass hier ein staatlicher Eingriff in einen Kollektivvertrag geschehe. Damit werde die Verhandlungslogik eines KV außer Kraft gesetzt. Denn der Vertrag bestehe stets aus einem Ausgleich zwischen Arbeitnehmer- und Dienstgeber-Interessen. Diese Logik stimme nicht mehr, wenn eine Änderung zu Ungunsten einer Seite vorgenommen werde.

Dieser Eingriff sei für ihn in Österreich bisher nicht denkbar gewesen – umso mehr, als die Regierung wieder einmal auf die gewerkschaftliche Expertise verzichtet habe. So gebe es ihm gegenüber seitens der Regierungschefs und Minister zwar eine freundliche Gesprächsbasis, einbezogen werde man aber nicht.

Katzian verwies auf rechtliche Einschätzungen, wonach ein Eingriff der Politik in den Generalkollektivvertrag beim Karfreitag nicht rechtens sei. Aber es gebe auch gegenteilige Meinungen. Daher werde man im ÖGB-Vorstand kommende Woche beschließen, bei einem renommierten Experten, der sich bisher in der Sache nicht geäußert habe, ein Gutachten in Auftrag zu geben. Dieses solle so schnell wie möglich vorliegen. Danach werde man über rechtliche Schritte entscheiden.

Insgesamt gab der Präsident an, dass die Kollektivverträge als Gestaltungselement an Bedeutung gewonnen hätten, da die Regierung keinen Wert auf Einbeziehung der Arbeitnehmer-Vertreter lege. Dabei sei in der Herbstlohnrunde schon manches gelungen in Sachen Arbeitszeit – quasi als Antwort auf die vom Nationalrat erweiterte Möglichkeit eines 12-Stunden-Tages. KV-Verhandler Peter Schleinbach von der pro-ge nannte etwa den 100 Prozent-Überstunden-Zuschlag für die elfte und zwölfte Stunde in der Metallindustrie, sein Kollege von der GPA Karl Dürtscher verwies beispielsweise auf zwei zusätzliche freie Tage in der Sozialwirtschaft.

Wie viele Beschwerden es wegen des 12-Stunden-Tags gebe, wollten oder konnten Katzian und seine Kollegen nicht im Detail ausführen. Betont wurde, dass viele Probleme schon auf Betriebsebene oder nach Einschaltung von AK und ÖGB gelöst worden seien. Zudem hätten einige Unternehmen wieder auf einen 10-Stunden-Tag umgestellt.

Aktuell ärgern die Gewerkschafter noch etliche andere Themen neben dem Karfreitag und dem 12-Stunden-Tag, etwa der durch niedrigere Einkommensgrenzen erleichterte Zugang zur Rot-Weiß-Rot-Karte für Arbeitnehmer aus dem Nicht-EU-Ausland. Hilfskräfte statt Fachkräfte sei hier die Devise, erkennt Katzian den Einstieg in eine Rennen um niedrigere Löhne. Auch mutmaßt der ÖGB-Chef, dass mittels einer Neuberechnung des Verbraucherpreisindex die Inflation nach unten gedrückt werden könnte, was sich wiederum auf die Lohnhöhe auswirken könnte.

Der ÖGB ist im vergangenen Jahr kräftig gewachsen. Rund 20.000 Arbeitnehmer traten 2018 dem Gewerkschaftsbund bei. Zieht man verstorbene Mitglieder ab, ergibt sich ein Plus von 5.767 Mitgliedern, was 0,5 Prozent entspricht. Das ist der stärkste Zuwachs seit 1984, so Katzian. Erfreulich ist für den ÖGB, dass vor allem junge Arbeitnehmer für das Plus sorgten. Auch die Frauen holen auf. Zwei Drittel des Zuwachses gehen auf weibliche Neu-Mitglieder zurück.

Dass der kämpferische Auftritt des ÖGB mit Groß-Demo und Warnstreiks für die positiven Zahlen verantwortlich war, wollte Katzian so nicht bestätigen: „Unser Ziel ist es nicht Wirbel zu machen, um mehr Mitglieder zu bekommen.“ Mit 31. Dezember waren es 1,211.465 Millionen.

Die evangelische Hilfsorganisation Diakonie gibt ihren Angestellten indes am Karfreitag frei. Diese Regelung wurde im Zuge der Kollektivvertragsverhandlungen am Donnerstag ausverhandelt. Die Diakonie reagierte damit auf die von der Regierung beschlossene Lösung zum Karfreitag, wonach dieser Feiertag für die Protestanten nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gestrichen worden war.

„Der Karfreitag als kirchlicher Feiertag wird künftig für alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Diakonie arbeitsfrei sein“, hieß es von der Diakonie Österreich. „Der Karfreitag ist der höchste Feiertag für die Evangelischen und zentral für unsere Identität“, kommentierte Direktorin Maria Katharina Moser diese Einigung. Zudem wurde im Kollektivvertrag ein Gehaltsplus von 3,2 Prozent verankert.

(APA)

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