„Opernball“ kommt auf die Bühne

Der Opernball steht nicht nur am Donnerstag in der Staatsoper auf dem Programm. Am 17. März kommt im Volx/Margareten, der Nebenspielstätte des Wiener Volkstheaters, der 1995 erschienene Roman „Opernball“ von Josef Haslinger erstmals auf die Bühne. Im Gespräch mit der APA erinnert sich der 63-jährige Autor an die Aufregungen und den Erfolg von damals.

Das Buch beginnt mit einem Blausäureattentat auf den Opernball, dem 3.000 Gäste, darunter Österreichs gesamte Staatsspitze, zum Opfer fallen. Der Medienwirbel war so groß, dass der S. Fischer Verlag 2.500 Stück des „Skandalromans“ drei Wochen vor dem geplanten Erscheinen nach Österreich auslieferte – knapp vor dem realen Opernball. Im „Kurier“ wurde der Autor mit der Bemerkung zitiert, in der Ballnacht werde er wahrscheinlich persönlich die von ihm als tödliche Falle beschriebenen Opern-Belüftungsschächte im Burggarten überwachen. „Das war eigentlich off the records und als Witz gemeint. Ein schlechter Witz, vermutlich“, erinnert sich Haslinger.

Der Politthriller wurde Haslingers größter Erfolg und verkaufte sich insgesamt eine halbe Million Mal. Die Tantiemen sowie der Verkauf der Filmrechte an Bernd Eichinger, der „Opernball“ als Fernseh-Zweiteiler mit Heiner Lauterbach als die Hintergründe des Anschlags akribisch recherchierender Reporter produzierte, finanzierten dem Autor einen langen New-York-Aufenthalt sowie die Anzahlung einer Wohnung in Leipzig, wo er 1996 eine Professur am Deutschen Literaturinstitut übernahm.

Ausgangspunkt seiner 1989 begonnenen Arbeit am Buch seien Meldungen über die Bildung rechtsradikaler Gruppierungen im deutschen Osten gewesen, erzählt Haslinger von der zentralen Romanidee der „Rückkehr des Massenmords nach Mitteleuropa“. In „Opernball“ ist es eine Mischung aus Ewiggestrigen und religiösen Sektierern, die durch ihren Anschlag die Grundfeste der Gesellschaft erschüttern wollen und am Ende trotz eigener Zerschlagung den Aufstieg einer auf Law and Order setzenden rechtspopulistischen Partei und einer Ausweitung staatlicher Autoritäten begünstigen.

Als ein Monat nach Erscheinen des Buches ein Giftgasanschlag in der U-Bahn von Tokio verübt wurde, der erschreckende Parallelen zu dem Roman aufwies – bis hin zum verwendeten Codewort „Harmagedon“ -, sei er nicht nur auf seiner rasch organisierten Lesereise in Japan gefragt worden „Herr Haslinger, sind Sie ein Prophet?“, schüttelt der Autor heute noch den Kopf. Der sechs Jahre später verübte Anschlag auf das World Trade Center, der eine neue Dimension des Terrors eröffnete, hatte freilich andere Urheber. „Wenn man meinen Roman tatsächlich als Blaupause der Wirklichkeit nimmt, hab ich einen großen Fehler gemacht: Ich hab damals den Islamismus nicht auf dem Schirm gehabt.“

Ähnlich wie bei der „Opernball“-Verfilmung durch Urs Egger habe er nun auf Alexander Charims Dramatisierung keinerlei Einfluss ausgeübt und auch die Bühnenfassung nicht gelesen, sagt der Autor: „Ich möchte mir die Spannung nicht nehmen lassen. Ich bin sehr neugierig darauf.“ Das Theater und Josef Haslinger ist bisher „eine kurze Beziehung“. 1988 habe es zwar mit „Karfreitag, 1. Mai“, einer mit Regisseur Erhard Pauer erarbeiteten politischen Revue in der „Kulisse“, einen vielversprechenden Beginn gegeben, „danach hat sich allerdings nie mehr etwas ergeben“. So habe Klaus Bachler, damals Volksoper-Chef und als Burgtheater-Intendant designiert, bei ihm angefragt: „Er sagte, er würde gerne seine Burgtheater-Direktion mit einem Stück von mir eröffnen. Ich hatte damals aber bereits begonnen, meinen Roman ‚Das Vaterspiel‘ zu schreiben, und musste schweren Herzens absagen. Danach war lange nichts – außer dem Wunsch, irgendwann doch einmal für das Theater zu schreiben.“

Umso größer war Haslingers Freude, als vor zwei Jahren Burgtheater-Direktorin Karin Bergmann anfragte, „ob ich für ihre letzte Saison ein Stück schreiben wolle. Das hat gut gepasst – und ich habe einen Stückauftrag bekommen.“ Bald habe er dafür auch das geeignete Thema gefunden: „Ich wollte das Phänomen Karl Renner in den Griff bekommen.“ In dem Stück namens „Die Renner-Probe“ trifft sich eine politische Theatergruppe, der die Subventionen entzogen wurden, in einem ehemaligen Arbeiterheim zur Arbeit an einem Stück über die umstrittene Rolle Karl Renners (1870-1950) für die österreichische Sozialdemokratie und die Republik. Geschichte und Gegenwart vermischen sich in einem „Spiel im Spiel“, anhand der erbitterten Auseinandersetzung über historische Fragen werden heutige Probleme offenkundig.

Nach der Ablieferung erster Szenen habe er vergeblich darauf gewartet, dass ein Dramaturg mit ihm, dem Theaterneuling, konstruktive Gespräche darüber aufnehme, schildert der Autor. Ein Gespräch mit Hermann Beil sei offenbar vor allem dazu da gewesen, „mir zu sagen, dass Karin Bergmann das Stück nicht gefällt“. Schließlich sei ihm vermittelt worden, dass das Stück nicht inszeniert, sondern von Klaus Maria Brandauer im Akademietheater vorgelesen werden solle. Nach mehreren Verschiebungen aufgrund von Dreharbeiten habe Brandauer jedoch von dem Projekt Abstand genommen, da er dieses als politisch kontraproduktiv empfinde, solange die SPÖ „so am Sand“ sei. „Damit ist es aus“, sagt Haslinger. „Ich habe überhaupt kein Problem damit, dass eine Theaterdirektorin darüber entscheidet, was bei ihr gespielt wird und was nicht. Die Art, wie ich bei der Entstehung meines Stückes nicht unterstützt wurde, ist aber eine große Enttäuschung.“ Ob, wann und wo Haslingers „Renner-Probe“ auf die Bühne kommen wird, ist wieder völlig offen. Die Entscheidung darüber liegt beim Autor.

(S E R V I C E – „Opernball“ nach dem gleichnamigen Roman von Josef Haslinger, Bühnenfassung von Alexander Charim und Heike Müller-Merten, Regie: Alexander Charim. Bühne und Kostüme: Ivan Bazak. Mit Bernhard Dechant, Thomas Frank, Rainer Galke, Sebastian Klein, Stefan Suske und Lukas Watzl. Uraufführung. Premiere: 17.3., 20 Uhr, Nächste Aufführungen: 19., 23.3., Volx/Margareten, Wien 5, Margaretenstraße 166, Karten: 01 / 52111-400, www.volkstheater.at; Außerdem: „Child in Time“ mit Josef Haslinger und dem Lilo Kraus Trio, 9.3., 19.30 Uhr. Volkstheater, Rote Bar; „Wie konnte das passieren? Das Gespenst des Rechtsrucks in Österreich“, Ilija Trojanow trifft Josef Haslinger, Rote Bar, 10.3., 11 Uhr)

(APA)

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