KV-Abschluss für Sozialwirtschaft erreicht

Nach 17-stündigen Verhandlungen haben sich Arbeitgeber und Gewerkschaft in der fünften Verhandlungsrunde in der Nacht auf Dienstag auf einen Kollektivvertragsabschluss für die rund 100.000 Beschäftigten in der Sozialwirtschaft geeinigt. Vereinbart wurde eine Lohn- und Gehaltserhöhung von 3,2 Prozent, wie die Verhandler in den frühen Morgenstunden mitteilten.

Statt der von der Gewerkschaft geforderten 35-Stunden-Woche und der sechsten Urlaubswoche für alle gibt es allerdings nur einen zusätzlichen Urlaubstag ab zwei Jahren Betriebszugehörigkeit. Lehrlinge bekommen künftig zusätzlich 100 Euro extra monatlich. Bei Dienstplänen soll außerdem die Planungssicherheit erhöht werden, hieß es.

Darüber hinaus wurden jedoch einige arbeitsrechtliche Vorteile für die Arbeitnehmer vereinbart. So müssen für geteilte Dienste künftig immer mindestens fünf Stunden bezahlt werden. Das gilt auch dann wenn man etwa nur 1,5 Stunden jeweils am Vormittag und am Nachmittag arbeitet und dazwischen einige Stunden Pause hat. Dazu muss auch die Wegzeit vom letzten Klienten nach Hause bzw. dann wieder zum ersten Klienten bezahlt werden. Zusätzlich gibt es künftig für kurzfristiges Einspringen für verhinderte Kollegen eine Zulage, bisher wurde das als normale Arbeitszeit abgerechnet. Darüber hinaus gibt es einen Anspruch auf Altersteilzeit, die Möglichkeit, Umkleidezeit als Arbeitszeit zu werten und bei Dienstplänen soll die Planungssicherheit erhöht werden.

Die Arbeitgeberseite zeigte sich zufrieden. Man habe „eine faire und großzügige Lösung“ für die rund 100.000 Mitarbeiter gefunden, „die auch – und das ist uns besonders wichtig – die Versorgung jener 500.000 Menschen sicherstellt, die täglich unsere Hilfe brauchen“, erklärte der Vorsitzende der Sozialwirtschaft Österreich Erich Fenninger.

Die Gewerkschaft war trotz der Einigung nicht ganz zufrieden. Mit den erzielten 3,2 Prozent Gehaltserhöhung zeigten sich Verhandlungsführer Reinhard Bödenauer und GPA-Vorsitzende Barbara Teiber zwar einverstanden, dass es aber nur einen zusätzlichen Urlaubstag ab zwei Jahren Betriebszugehörigkeit gibt, reicht ihnen nicht aus. Für Teiber ist das „ein sehr guter Abschluss, aber bei der Arbeitszeit wollten wir mehr. Da können wir nicht ganz zufrieden sein.“ Es sei zwar einiges bei der Arbeitszeit gelungen, aber nicht die Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit. „Die Arbeitszeit bleibt auf unserer Forderungsliste“, sagte Teiber im Ö1-„Morgenjournal“, da werde man „dranbleiben“. Es gehe um eine Attraktivierung der Arbeitsbedingungen „und da gehört die Arbeitszeit jedenfalls dazu“.

Der Verhandlungsführer der Arbeitgeber Walter Marschitz erklärte, die Gehaltserhöhung habe dem Wunsch der Beschäftigten nach mehr Lohn „überdurchschnittlich entsprochen.“ Weitere Streiks habe man „in den herausfordernden Gesprächen in letzter Minute verhindern“ können.

Marschitz verwies auch darauf, dass nur rund ein Drittel der Mitteln von den Kunden komme, aber ungefähr zwei Drittel von der öffentlichen Hand. Deshalb kündigte er an, dass man etwa in der Pflege „zusätzliche öffentliche Anstrengungen“ brauchen werde, um die Herausforderungen der Zukunft bewältigen zu können. Unterstützung bekommt er in diesem Punkt von der Gewerkschaft. Die Politik sei gefordert, die Pflege, die Betreuung auszufinanzieren, sagte Teiber. Auf kommunaler Ebene und auch in der Bundespolitik seien alle gefordert, langfristig die Pflege zu finanzieren.

Der Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz, Peter Kaiser (SPÖ), begrüßt zwar den KV-Abschluss, als „Wermutstropfen“ nannte der Kärntner Landeshauptmann am Dienstag im Ö1-„Mittasjournal“ allerdings, dass manche Länder dies nicht in der Höhe budgetiert hätten und daher ein Nachtragsbudget nötig sein werde. Diese Länder müssten dann wohl anderswo den Sparstift ansetzen.

Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) teilte in einer Aussendung mit, dass im Sozialbudget seines Landes eine Gehaltserhöhung von 2,5 Prozent vorgesehen sei. Mit den nun vereinbarten 3,2 Prozent ergeben sich daher Mehrkosten in der Höhe von 2,8 Millionen Euro für Oberösterreich. „Diese Mehrkosten können jedenfalls vom Sozialressort getragen werden“, verweist der Landeshauptmann auf noch nicht ausgeschöpfte Budgetmittel aus dem Jahr 2018.

Von dem Abschluss profitieren vor allem Pflegekräfte, Mitarbeiter in der Behindertenhilfe, in der Senioren- und der Jugendbetreuung sowie im Gesundheitswesen, die in Organisationen wie der SPÖ-nahen Volkshilfe, dem ÖVP-nahen Hilfswerk oder der Lebenshilfe beschäftigt sind.

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