Trump forderte in Rede zur Lage der Nation Einheit

In einer emotionalen Rede zur Lage der Nation hat US-Präsident Donald Trump die politischen Lager in seinem Land zu Einheit und Kompromissbereitschaft aufgerufen. Trump betonte vor den beiden Parlamentskammern im Kapitol am Dienstagabend seine politischen Prioritäten, ohne große wirtschaftliche Initiativen vorzustellen.

Trump forderte erneut den Bau einer Mauer zur Sicherung der US-Südgrenze zu Mexiko gegen Menschen- und Drogenhändler sowie gegen Einwanderer. „Mauern funktionieren und Mauern retten Leben“, rief er den versammelten Abgeordneten beider Kongresskammern zu. „Ich bekomme sie gebaut.“

Führende Demokraten wiesen dies umgehend zurück. Er sprach von Zäunen, die dort errichtet werden sollen, wo nötig. „Toleranz für illegale Migranten ist nicht mitfühlend, sie ist grausam“, sagte Trump. Die Menschen aus Lateinamerika müssten von der gefährlichen und beschwerlichen Reise in die USA abgehalten werden. Es wurde aber auch deutlich, dass Trump inzwischen von seiner einstigen Forderung nach Errichtung einer durchgehenden Mauer über die Distanz von 2.000 Meilen (3.219 Kilometer) weit abgerückt ist.

Er betonte die Notwendigkeit einer Reduzierung der US-Truppen in Afghanistan sowie einer weiteren Beobachtung des Iran und erneuerte seine Unterstützung für die venezolanische Opposition um den Gegenpräsidenten Juan Guaido.

Überraschend kam dagegen Trumps Ankündigung eines weiteren Treffens mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un am 27. und 28. Februar in Vietnam. Dort wolle er den Versuch einer Einigung mit Nordkorea über die atomare Abrüstung der koreanischen Halbinsel fortsetzen, sagte der Präsident. Trump und Kim waren im Juni vergangenen Jahres zu einem historischen Gipfel in Singapur zusammengekommen.

Südkorea hofft auf echte Fortschritte beim zweiten Gipfeltreffen zwischen Trump und Kim. Das Präsidialamt in Seoul begrüßte am Mittwoch die Veröffentlichung eines konkreten Gipfeltermins durch Trump und betonte zugleich die Symbolhaftigkeit der Entscheidung für Vietnam als Gastgeber. Aus den früheren Feinden Vietnam und USA seien Freunde geworden, hieß es. Im Mittelpunkt des Gipfels steht erneut das Atomwaffenprogramm Nordkoreas.

Die jährliche Rede des Präsidenten vor dem Kongress stand seit Wochen im Zeichen des Streits zwischen Trump und den Demokraten über den Bau der Mauer. Die Demokraten hatten bei den Zwischenwahlen im November die Mehrheit im Repräsentantenhaus übernommen und können damit Gesetzesvorhaben des Republikaners blockieren.

Trumps Ansprache im Plenum der Kammer war wegen des längsten Regierungsstillstands in der Geschichte der USA um eine Woche verschoben worden. Auslöser war ein Budgetstreit wegen der Finanzierung der Mauer. Trump will dafür 5,7 Milliarden Dollar (4,99 Mrd. Euro) vom Kongress zugesprochen bekommen. Der Streit wurde zunächst mit einem Zwischen-Etat überbrückt, der allerdings nur bis zum 15. Februar läuft.

In seiner Rede rief Trump die Abgeordneten auf, sich bis dahin zu einigen. Die illegale Einwanderung in die USA habe das Ausmaß einer „dringenden nationalen Krise“ erreicht. Er plädierte für ein neues Einwanderungssystem, das sicher und modern sei. Einen nationalen Notstand, um bei der Finanzierung den Kongress umgehen zu können, rief Trump jedoch nicht aus.

In der traditionellen Gegenrede wischte die Demokratin Stacey Abrams Trumps Argumente beiseite: „Amerika wird gestärkt durch die Anwesenheit von Migranten, nicht durch Mauern“, sagte Abrams. Sie ist die erste Frau mit afroamerikanischen Wurzeln, die die Gegenrede hielt. Auch viele andere Demokraten machten deutlich, dass Trump mit seinem Versuch scheitern dürfte, ohne größere eigene Zugeständnisse den politischen Gegner auf seine Seite zu ziehen.

Der Parteichef der Demokraten, Tom Perez, sprach von einer „himmelschreiend spaltenden Agenda“ Trumps. Unter anderem rief Trump beide Parteien zur Verabschiedung eines Gesetzes gegen späte Abtreibungen auf – und nutzte die Gelegenheit, um dem Demokraten Ralph Northam vorzuwerfen, er habe mit seiner liberalen Sicht zur Abtreibung zur „Hinrichtung“ von Babys aufgerufen.

Trump warnte die Demokraten davor, mit Untersuchungen die US-Wirtschaft in Gefahr zu bringen. „Ein Wirtschaftswunder findet in den USA statt.“ Nur dumme Kriege und Politik oder „lächerliche parteiische Ermittlungen“ könnten das aufhalten. Die demokratische Abgeordnete Val Demings erteilte der Forderung nach einem Ende der Untersuchungen etwa in der Russland-Affäre umgehend eine Absage: „Wir hören nicht auf.“ Trump kündigte zudem ein neues Treffen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un Ende Februar an. Im Handelsstreit mit China warf er der Volksrepublik erneut den Diebstahl geistigen Eigentums vor.

Außenpolitisch wiederholte Trump ansonsten altbekannte Positionen. Er will den Iran genau beobachten, weil die Regierung in Teheran Amerika den Tod wünsche und Israel bedrohe. Er erneuerte seine Unterstützung für die venezolanische Opposition um den Gegenpräsidenten Juan Guaidó, den die USA und inzwischen viele weitere Länder als den legitimen politischen Führer in dem lateinamerikanischen Land anerkennen. Und er verteidigte erneut den Ausstieg der Amerikaner aus dem Atomabrüstungsvertrag INF.

Die demokratische Vorsitzende des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi und andere weibliche Abgeordnete der Demokraten waren weiß gekleidet, um an das 100-jährige Jubiläum des Frauenwahlrechts in den USA zu erinnern.

(APA/dpa/ag.)

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