EU-Kommission legt Brexit-Notfallplan vor

Angesichts des Brexit-Chaos in London hat die EU-Kommission am Mittwoch ihren Notfallplan aus der Schublade geholt. Damit will die EU-Behörde bei einem ungeordneten Austritt Großbritanniens Ende März den völligen Zusammenbruch des Güter- und Luftverkehrs zwischen der EU und Großbritannien sowie des Finanzbereichs verhindern. Ungewissheit herrscht bei den Bürgerrechten.

„Da handelt es sich um eine Schadensbegrenzung“, sagte Vizepräsident der Kommission, Valdis Dombrovskis, in Brüssel bei der Vorstellung des ersten Teils des insgesamt 14 Notfallmaßnahmen umfassenden Pakets. Angesichts der „fortgeführten Ungewissheit in Großbritannien“ habe EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker die Vorbereitung notwendiger Rechtsakte für einen Notaktionsplan angekündigt, damit es zu einer „sanften Landung“ für die EU komme. Dombrovski betonte, „die bessere Lösung wäre aber, den (Brexit)-Vertrag zu unterzeichnen“.

Das Risiko eines Ausscheidens Großbritanniens aus der EU am 29. März ohne Regelwerk ist in den vergangenen Wochen jedoch gestiegen. Derzeit ist in Großbritannien dort keine Mehrheit für den von Premierministerin Theresa May und den EU-Staaten ausgehandelten Deal in Sicht. Platzt der Vertrag, entfiele die vereinbarte Übergangsfrist, in der sich bis mindestens Ende 2020 nichts ändern soll. In dem Fall werden für die Zeit unmittelbar nach dem Austrittsdatum 29. März schwere Verwerfungen befürchtet. Großbritannien würde mit einem Schlag EU-Drittstaat werden.

Die EU-Kommission schlägt in diesem Fall im Bereich Flugverkehr vor, dass einige Verbindungen übergangsweise aufrechterhalten bleiben sollten. Bedingung wäre allerdings, dass Großbritannien den EU-Fluglinien ähnliche Rechte einräumt. Im Transportbereich gibt es laut der Brüsseler-Behörde eine einjährige Frist bei einem „No Deal“, in der die Lieferung bestimmter Flugdienste gesichert sei. Neun Monate betrage die Frist für die Gültigkeit gewisser Flugsicherheitslizenzen.

Für die Zollabfertigung sieht die EU-Kommission vor, dass Zollerklärungen vor der Ausfuhr nach Großbritannien beziehungsweise vor der Einfuhr auf EU-Gebiet eingereicht werden müssen. Darüber hinaus ermahnt die Kommission die EU-Staaten dringend, ihre Grenzbehörden darauf vorzubereiten, dass nach einem No-Deal-Brexit Zölle erhoben werden müssten.

Unsicher wäre vor allem die Lage von Millionen EU-Bürgern in Großbritannien und Briten in der EU. Die EU-Kommission plädiert hier für „einen großzügigen Ansatz“. Sie schlägt vor, dass die EU-Staaten möglichst einheitlich einen legalen Aufenthaltsstatus gewähren. Zudem sollen die EU-Staaten Absprachen zur Sozialversicherung zu treffen, also etwa Krankenversicherungsschutz. Auch hier setzt die EU auf Vereinbarungen auf Gegenseitigkeit mit Großbritannien.

Ebenfalls gesichert soll der Finanzbereich werden. Auf Basis einer gemeinsamen Analyse der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Bank of England wurde hier ein einjähriger Übergangszeitraum vereinbart, damit keine unmittelbaren Störungen ausgelöst werden und die Marktteilnehmer ihre Geschäftsmodelle anpassen könnten. Eine Übergangsfrist von zwei Jahren gebe es für Zentralverwahrer im Wertpapierbereich. Ein einfacher Übergang von Verträgen im Regelungsbereich von Großbritannien in die EU und umgekehrt ist laut der EU-Kommission ebenfalls vorgesehen.

Klimapolitisch sollen britische Unternehmen einen zeitlich begrenzten Zugang zum EU-Emissionshandel erhalten.

Die britische Seite treibt unterdessen ebenfalls ihre Vorbereitungen für einen Brexit ohne Abkommen voran. Am Mittwoch will London einen Entwurf für ein künftiges Einwanderungssystem vorstellen. Zudem sollen 3.500 Soldaten mobilisiert werden, um auf eventuelle Notfälle nach einem harten Brexit vorbereitet zu sein

EU-Kommissionsvize Dombrovski kündigte weitere Notfallaktionspläne für die nächsten Wochen an. Die Kommission werde das Prozedere weiter beobachten. Die britische Premierministerin May hat die Unterhausabstimmung bis 21. Jänner angekündigt.

(APA/dpa)

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