Chodorkowski könnte nach Russland zurück

Der freigelassene Kreml-Gegner Michail Chodorkowski könnte nach Angaben aus Moskau jederzeit nach Russland zurückkehren, vorerst bleibt er jedoch in Berlin, wo er am Samstag seine Familie traf. Für Sonntag kündigte er eine Pressekonferenz an. Bereits am Samstag erklärte er, sich auch für andere Häftlinge in Russland einsetzen zu wollen.

Der 50-Jährige war am Freitag nach mehr als zehn Jahren in Haft überraschend von Putin begnadigt und aus dem Straflager entlassen worden. Anschließend flog er nach Berlin, wo er am Flughafen Schönefeld vom früheren deutschen Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) empfangen wurde. Er erhielt vorerst ein Visum, das ihm einen einjährigen Aufenthalt in Deutschland erlaubt.

Nach Angaben des Kremls hat der ehemalige Ölmagnat und Multi-Milliardär jedoch jederzeit das Recht, nach Russland zurückzukehren. „Er ist frei, nach Russland zurückzukehren. Absolut“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Samstag. Er äußerte sich nicht dazu, ob Chodorkowski in seiner Heimat wieder politisch aktiv werden darf. Der 50-jährige Kreml-Kritiker habe vor seiner Begnadigung zwei Briefe an Putin geschrieben, sagte Peskow der Nachrichtenagentur AFP: einen kurzen offiziellen und einen weiteren, langen und persönlicheren. Weitere Einzelheiten nannte Putins Sprecher nicht.

Über seine Zukunftspläne wird der Putin-Gegner wohl erst am Sonntag bei der Pressekonferenz im Mauermuseum in der Nähe des ehemaligen Grenzübergangs Checkpoint Charlie Auskunft geben. Den Samstag widmete er seiner Familie: Seine Mutter Marina und Vater Boris empfing er am Samstag im Berliner Hotel „Adlon“, wo er seit seiner Ankunft in Deutschland am Freitag wohnt, wie aus seiner Umgebung verlautete. Beide waren am Vormittag an Bord einer Linienmaschine aus Moskau angetroffen. Zuvor hatte Chodorkowski bereits seinen ältesten Sohn Pawel (27) wiedergesehen, der normalerweise in New York lebt.

„Nach zehn Jahren jetzt ist das ein unglaubliches Gefühl der Freiheit“, sagte er in einem kurzen Anruf bei der kreml-kritischen Zeitschrift „The New Times“ in Moskau. Er sei allen dankbar, die geholfen hätten, damit er das Straflager verlassen könne. „Das Wichtigste ist jetzt: Freiheit, Freiheit, Freiheit.“

Chodorkowskis Mutter, die an Krebs leidet, war vor einiger Zeit bereits zur Behandlung in einem Berliner Krankenhaus. Berichte, wonach der einstige Milliardär nur in der Vermutung nach Berlin kam, dass seine Mutter immer noch in Deutschland ist, wurden aus der Umgebung der Familie aber dementiert. Chodorkowskis Frau Inna lebt in der Schweiz. Das Paar hat gemeinsame Kinder. Der älteste Sohn stammt aus seiner ersten Ehe.

Regulär hätte Chodorkowski nach zwei international umstrittenen Urteilen im August 2014 freigelassen werden sollen. Der frühere Chef des Ölkonzerns Yukos war unter anderem wegen Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Diebstahls verurteilt worden.

Chodorkowski kündigte aber auch schon an, sich für andere Häftlinge in Russland einzusetzen. „Es gibt noch viel zu tun, die Freilassung der Geiseln, die noch im Gefängnis sind, vor allem Platon Lebedew.“ Lebedew war Geschäftspartner des einstigen Ölmilliardärs, der mit ihm unter anderem wegen Steuerbetrugs verurteilt worden war. Menschenrechtler haben Chodorkowski bereits eine führende Rolle beim Aufbau der Zivilgesellschaft in Russland angeboten.

(APA/dpa)

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