Mordserie im Wien-Krimi „Mädchenauge“

Eine mysteriöse Mordserie, die aus gleich mehreren Gründen die Spitzen der Wiener Politik beschäftigt, steht im Mittelpunkt des Krimidebüts „Mädchenauge“ des Wiener Autors und Journalisten Christian David.

Neben grausamen Morden an alleinstehenden jungen Frauen und einem aus einer energischen jungen Staatsanwältin und einem missmutigen Chef der Mordkommission bestehenden Ermittler-Duo bietet der Roman jede Menge Polit-Intrigen, in denen der Wiener Bürgermeister sowie seine Vizebürgermeisterin und Koalitionspartnerin im Zentrum stehen. Das Buch sei aber „definitiv kein Schlüsselroman“, betont der Verlag und freut sich darüber, dass die Filmrechte bereits vor Erscheinen des Buches verkauft werden konnten.

Die Vorauswerbung hat die Latte hoch gelegt. „Mädchenauge“ sei „der Wien-Krimi, nach dem wir lange gesucht haben“, heißt es: „Endlich ein Wien-Krimi, der dieser Stadt von den coolen Bars am Donaukanal bis in die gemütliche Vorstadt gerecht wird.“ Abgesehen davon, dass es Wien-Krimis mit ähnlichem Anspruch bereits sonder Zahl gibt, ist das geschickte Auftragen von Lokalkolorit und Atmosphäre nicht die entscheidende Stärke von Christian David. Die stringente Entwicklung einer logischen und nachvollziehbaren Handlung sowie einer ebensolchen Auflösung leider auch nicht. Dennoch ist „Mädchenauge“ ein spannender Thriller, der sich aus der Unzahl von Krimi-Neuerscheinungen abhebt.

Das liegt an der interessanten und strafprozessordnungsgemäßen Konstellation, bei der die ehrgeizige, frisch aus New York heimgekehrte Staatsanwältin Lily Horn die kriminalpolizeilichen Ermittlungen leitet und der raubeinige Major Belonoz mit seinem Team die angeordneten Ermittlungsschritte in die Tat umzusetzen versucht. Das liegt aber auch an der hartnäckigen Verschränkung des Falls mit höchsten politischen Interessen.

Die Vizebürgermeisterin kann angesichts ihrer Kampagne „Unser Wien.Sicheres Wien“ keine Mordserie brauchen. Die Boulevardpresse und die von ihr unter Druck gesetzte Politik verfolgt den Fortgang der Ermittlungen mit großer Nervosität. Eingehende Hinweise und vertrauliche Gespräche können stets auch Desinformation der Gegenseite bedeuten. Der Aufsehen erregende Fall, der immer weitere Kreise zieht, erweist sich politisch als Minenfeld – und lenkt gleichzeitig von einem „Pratorama“-Skandal ab, vor dessen lückenloser Aufklärung sich das halbe Rathaus zu fürchten scheint.

Dass gerade die politische Seite des Krimis sehr simpel und holzschnittartig wirkt, tut der Spannung keinen Abbruch. Und so steuert alles ohne Rücksicht auf Plausibilitäten, dafür unter eklatanter Häufung filmreifer Szenen auf einen Showdown zu. Gut möglich, dass wir vom Duo Horn/Belonoz noch manches lesen werden. Den „Pratorama“-Fall bekommt Horn am Ende jedenfalls zugeteilt. Der zunächst zuständige Staatsanwalt überlebt das Buch nämlich nicht.

INFO: Christian David: „Mädchenauge“, Deuticke Verlag, 464 Seiten, 20,50 Euro; ISBN: 978-3-552-06208-5

(APA)

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