Stehender Beifall für Jane Birkin in St. Pölten

Ihr erstes Österreich-Konzert seit 2005 hat Jane Birkin am Freitagabend im Festspielhaus St. Pölten absolviert. Motto: „Jane Birkin sings Serge Gainsbourg via Japan“.

Das nach der Katastrophe von Fukushima entstandene Programm mit exzellenten japanischen Musikern wurde mittlerweile in zahlreichen Ländern aufgeführt (Birkin kam gerade aus London) und brachte auch das Publikum in der niederösterreichischen Landeshauptstadt zu stehendem Beifall.

Nein, gestöhnt wurde nicht an diesem Abend. Das skandalumwitterte Duett „Je t’aime … moi non plus“ fiel seinerzeit weltweit der Zensur zum Opfer und verkaufte sich – wohl gerade deshalb – in wenigen Monaten über eine Million Mal. Doch Gainsbourg – 1991 verstorben – hat darüber hinaus ein reichhaltiges Oeuvre hinterlassen, aus dem die nach einer längeren Erkrankung genesene Birkin und ihre Musiker knappe zwei Stunden lang schöpften. Es ist schon bemerkenswert, wie diese Frau ihre 66 Jahre schier wegzustecken scheint mit einem trotz aller glatten Professionalität immer noch sehr unmittelbar wirkenden Charme und ihrer gleichermaßen fragil wie kraftvoll scheinenden Bühnenpräsenz. Sie hat die Gainsbourg’schen Chansons schon in sehr unterschiedlichen Versionen rauf und runter gesungen – und will es noch immer wissen.

Die einfühlsamen Arrangements des Pianisten Nobuyuki Nakajima, mit Ichiro Onoe am Schlagzeug, Hoshiko Yamane (Violine) und Takuma Sakamoto (Trompete) evozieren die Welt Gainsbourgs mit ihren unüberhörbar in die Romantik zurückreichenden Wurzeln. Mit „Jane B“ hat er seiner Gefährtin gar eine Hommage nach einem Chopin-Prelude geschrieben. Birkin interpretiert die Lieder mit der tänzerischen Sanftheit einer alterslosen Raubkatze, plaudert auf Englisch, geht zwischendurch mitten ins Publikum, zwängt sich singend durch eine Reihe und streut verbale Rosen. Ihre Persönlichkeit, die melancholischen Chansons einer noch nicht gänzlich verflossenen Zeit und der Nachglanz einer starken Beziehung, die Jahrzehnte über den Tod hinaus weiterwirkt, nicht als museale Nachlassverwaltung, sondern als stete Verlebendigung, all das macht den Abend zum Ereignis. O ja, Lady Jane, klar, es hätte Serge sehr gefallen.

Von Ewald Baringer/APA

(APA)

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