Ein Sturz auf den Kopf kann für Kinder böse enden

Kinder fallen schnell, auch auf den Kopf. Oft ist nur eine harmlose Gehirnerschütterung die Folge. Aber wie merken Eltern, wie schwer eine Verletzung wirklich ist?

Ein Sturz von der Wickelkommode oder ein Fahrradunfall ohne Helm: Wenn ein Kind auf den Kopf fällt, ist der Schreck für die Eltern groß. Ein klarer Fall für die Klinik ist, wenn ein Kind nach einem Sturz auf den Kopf nicht bei Bewusstsein ist. „Auch wenn das Kind nur kurz bewusstlos war und bereits wieder aufgewacht ist: Da gibt es keine Diskussion, das Kind muss ins Krankenhaus zur Überwachung“, sagt Ulrich Fegeler, Sprecher des Berufsverbandes für Kinder- und Jugendärzte (BVKJ).

Mediziner unterscheiden verschiedene Schweregrade eines Schädel-Hirntraumas, je nach Bewusstseinslage, Augenfunktion und der Fähigkeit des Kindes, zu sprechen oder sich zu bewegen. Die Gehirnerschütterung ist die leichteste und weitaus häufigste Form. Sie führt zu vorübergehenden Störungen der Hirnfunktionen und kann auch ohne sichtbare Verletzung auftreten. Zu den Anzeichen zählen Erbrechen und eine fehlende Erinnerung an den Vorfall. Je nach Ausprägung werden die Kinder im Krankenhaus überwacht, gegebenenfalls muss eine Aufnahme des Gehirns gemacht werden. Denn gefürchtet sind Blutungen durch den Schlag auf den Kopf.

Sei das Kind wach, sollten Eltern den Kopf vorsichtig untersuchen, ob es äußere Verletzungszeichen wie Beulen oder Platzwunden gebe. „Ein Bruch im Knochen wird meist durch ein kräftiges Hämatom, also eine Beule, sichtbar, ist aber an sich nicht die eigentliche Gefahr. Doch das Gewebe darunter und die Blutgefäße könnten verletzt sein, daher sollten Eltern in diesem Fall ebenfalls einen Arzt oder die Klinik aufsuchen“, sagt der in Berlin niedergelassene Kinderarzt. Das gilt auch für eine blutende Platzwunde, die gegebenenfalls vom Arzt versorgt werden muss.

Selbst wenn alles in Ordnung erscheint, sollten Eltern ihre Kinder sorgfältig beobachten – denn eine Blutung im Schädelinneren kann sich noch Stunden bis Tage nach dem Unfall bemerkbar machen. Zu den Symptomen können Erbrechen, ein verändertes Wesen, Lust- und Appetitlosigkeit, Schläfrigkeit, Kopfschmerzen sowie Erinnerungslücken an das Geschehen gehören. Die beiden Pupillen sollten bei gesunden Kindern normalerweise gleich groß sein und kleiner werden, wenn Licht darauf scheint. Sei dies nicht der Fall, sei das ein Alarmzeichen, sagt Fegeler.

„Wenn ein Kind sehr schnell nach so einem Sturz erbricht, dann ist das eher ein Zeichen für eine Reaktion auf den Schreck“, ergänzt er. Fange das Kind dagegen nach ein bis zwei oder auch viele Stunden später an zu spucken, dann könnte dies ein Hinweis auf eine Gehirnerschütterung oder eine gefährliche Verletzung im Gehirn sein. Spätestens dann geht es ab zum Arzt.

Mehr als 28 Prozent aller Schädel-Hirn-Traumata betreffen Patienten unter 16 Jahren, heißt es in der Leitlinie „Das Schädel-Hirn-Trauma im Kindesalter“ der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften. Etwa 90 Prozent davon seien Gehirnerschütterungen, 10 Prozent als mittelschwere oder schwere Schädel-Hirn-Traumata einzustufen. Hochgerechnet seien das 70.000 Kinder und Jugendliche mit Schädel-Hirn-Trauma pro Jahr, etwa 350 sterben demnach an den Folgen.

„Kommt ein Kind mit dem Verdacht auf eine Blutung im Schädelinneren in die Klinik, dann wird in der Regel eine Computertomographie gemacht“, sagt Prof. Wolfgang Wagner von der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie (DGNC). Anhand der Aufnahmen können die Mediziner Blutungen erkennen, aber auch Schädelbrüche. „Bei Säuglingen ist die Fontanelle noch offen, bei ihnen kann man auch gut mit dem Ultraschall nach Blutungen im Schädel fahnden.“ Liege eine Blutung mit Druck auf das Gehirn vor, so müsse operiert werden, dies sei aber bei Kindern eher selten.

Drei Arten von Blutungen unterscheiden die Ärzte: „Die Blutung über der Hirnhaut, eine epidurale Blutung, tritt am akutesten auf und kann ohne Behandlung lebensgefährlich werden, mit einer erfolgreichen Operation ist die Prognose im Allgemeinen recht gut“, erklärt Prof. Wolfgang Wagner von der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie. Eine Blutung unter der Hirnhaut gehe oft einher mit Verletzungen der Hirnsubstanz und habe daher eine schlechtere Prognose. Darüber hinaus gibt es noch Blutungen in das Hirngewebe hinein.

Die Ärzte achten auch darauf, ob möglicherweise die Wirbelsäule und das Rückenmark verletzt ist: „Bei jeder Gewalteinwirkung auf den Schädel müssen wir davon ausgehen, dass auch Gewalt auf die Wirbelsäule und vor allem die Halswirbelsäule erfolgt ist“, sagt Wagner, der an der Universitätsklinik Mainz tätig ist. Ein Schädelbruch werde in der Regel nur operiert, wenn die Knochenteile sehr stark gegeneinander versetzt seien, und immer dann, wenn die Hirnhaut verletzt sei.

Kleinere „Stufen“ im Schädelknochen lasse man von selbst verheilen. „Normalerweise wird solch ein Bruch mit dem Schädelwachstum ausgeglichen, vor allem bei kleinen Kindern.“ Liegt kein Anlass für eine Operation vor, bleiben die Kinder mit einer Gehirnerschütterung je nach Beschwerden meist noch ein bis drei Tage in der Klinik zur Beobachtung. „Das hängt vom Alter und der Schwere der Symptome ab“, betont Wagner.

(APA/dpa)

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