Depressionen fördern Ausbruch von Morbus Alzheimer

Eine deutsche Langzeit-Beobachtungsstudie liefert erste Ergebnisse zu Risikofaktoren, welche Morbus Alzheimer auslösen können. Ein Faktor dazu könnten Depressionen sein.

Die vor drei Jahren gestartete TREND-Untersuchung (Tübinger Erhebung von Risikofaktoren zur Erkennung von Neurodegeneration) der Neurologischen Universitätsklinik Tübingen, der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen, des Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), und des Hertie-Instituts für klinische Hirnforschung (HIH) mit 1.100 Teilnehmern zeigt zum Beispiel, dass Depressionen offenbar zum Ausbruch der Erkrankung beitragen.

Die TREND-Studie hat sich zum Ziel gesetzt, Symptome der Alzheimer- und Parkinson-Erkrankung möglichst früh zu erkennen, hieß es am Mittwoch in einer Aussendung der Universität Tübingen. Zu dem Zweck werden seit 2009 mehr als 1.100 Personen im Alter von 50 bis 80 Jahren alle zwei Jahre nach modernsten Kriterien der Wissenschaft untersucht. Die Studie legt nun erste Ergebnisse zur Früherkennung der Alzheimer-Erkrankung vor. Daniela Berg, Leiterin der Studie, sieht darin einen wichtigen Meilenstein: „Dies sind die ersten Früchte und ein wichtiger Schritt für die Teilnehmer, für die Organisatoren, aber auch für die Wissenschafter weltweit, die sich mit diesem Thema beschäftigen.“

Die erste Erkenntnis: Eine Depression erhöht das Risiko, an der Alzheimer-Demenz zu erkranken, um das Zwei- bis Dreifache. Die Tübinger Wissenschafter fanden heraus, dass bei depressiven Menschen die Menge der Antikörper gegen Amyloid-beta1-42, einem Protein, das eng mit der Alzheimer-Erkrankung assoziiert ist, im Blut reduziert ist. Die Autoantikörper sollten an sich das fehlerhafte Protein markieren und seine Beseitigung durch das Immunsystem fördern.

Die Ergebnisse könnten zumindest zum Teil erklären, warum vermehrt körpereigene Abfallstoffe, sogenanntes Amyloid-beta, nicht vom Gehirn entfernt werden können und sich dann in Form von „Plaques“ ablagern. Genau dies zeigt nun auch die vorliegende Studie, die, so Walter Maetzler, Leiter der Tübinger Biobank und Erstautor dieser Veröffentlichung, darauf hindeutet, dass das erhöhte Risiko depressiver Menschen an einer Alzheimer-Demenz zu erkranken über eine spezifische Veränderung des Autoimmunsystems (mit)bedingt sein könnte.

Eine zweite wissenschaftliche Arbeit aus der Studie belegt, dass eine Einschränkung der Wortfindung zu den frühesten Symptomen der Alzheimer-Demenz zählt. Mit der funktionellen Nahinfrarot-Spektroskopie (fNIRS), einer Methode zur optischen Messung von Hirnaktivität, konnte das Forscherteam der TREND-Studie eine Änderung unterschiedlicher Hirnprozesse mit steigendem Alter belegen. Bei der Suche nach Wörtern senkte das zunehmende Alter der Versuchsteilnehmer die Aktivität in Bereichen der Sprachzentren, wohingegen die Aktivität in Bereichen der Aufmerksamkeits- und Handlungssteuerung zunahm. Interessanterweise war ein höherer Bildungsstand mit einer erhöhten Aktivität der Sprachzentren und tendenziell mit geringer Aktivität in den Arealen der Aufmerksamkeits- und Handlungssteuerung verbunden.

Laut Andreas Fallgatter, einem der Autoren der Studie, spricht dies dafür, „dass das Gehirn mit dem Alter Kompensationsstrategien nutzt, um geistige Fähigkeiten auf hohem Niveau zu erhalten“. Die frühzeitige Erkennung von derartigen Kompensationsstrategien könnte eine Möglichkeit zur Früherkennung der Alzheimer-Demenz darstellen.

(APA)

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