Ausdauersport hilft bei Herzschwäche

Menschen mit schwachem Herz schnappen nach Luft und sind schnell müde. Schonung ist trotzdem nicht sinnvoll: Ärzte raten den Betroffenen jetzt sogar zu mehr Bewegung statt zu Ruhe.

Menschen mit einer Herzschwäche sollten körperliche Belastung meiden – so lautet eine weit verbreitete Ansicht. Forscher der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg haben in einer Studie das Gegenteil gezeigt: Nicht Ruhe, sondern Ausdauersport verbessert das Leiden von Herzschwächepatienten. „Außerdem konnte der Nachweis erbracht werden, dass das Ausdauertraining keinesfalls nur jüngeren, sondern auch über 70-jährigen Herzschwäche-Patienten hilft“, sagt der Forschungsleiter und stellvertretende Direktor für Innere Medizin III/Kardiologie am Universitätsklinikum Halle, Stephan Gielen.

Für seine Arbeit wurde der Herzspezialist von der Deutschen Herzstiftung mit dem diesjährigen Wilhelm P. Winterstein-Preis ausgezeichnet. „Die Arbeit liefert die essenzielle Erkenntnis, dass sich der Skelettmuskelabbau durch körperliches Training günstig beeinflussen lässt“, erklärte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Herzstiftung, Thomas Meinertz.

Ein Gutachtergremium hatte die Studie aus Halle, in der den Angaben zufolge weltweit erstmals die Mechanismen des Eiweißabbaus im Skelettmuskel bei Patienten mit Herzschwäche untersucht worden seien, aus insgesamt 16 eingereichten Arbeiten ausgewählt. Die Ergebnisse der Studie waren 2010 in der Fachzeitschrift der American Heart Association „Circulation“ veröffentlicht worden.

Menschen mit chronischer Herzschwäche leiden nach Angaben der Experten unter Luftnot und werden rasch müde. Allein im Jahr 2009 wurden nach Angaben der Herzstiftung in Deutschland mehr als 363.000 Patienten mit Herzschwäche im Krankenhaus stationär behandelt. Rund 49.000 seien an der Herzinsuffizienz gestorben.

„Eine Begleiterscheinung der Krankheit ist der schleichende Muskelabbau im ganzen Körper, die Menschen verlieren an Gewicht, werden dünn und wirken ausgezehrt“, sagte Gielen. Ein Medikament gegen den Muskelabbau gebe es bislang nicht. An der von 2005 bis 2010 laufenden Studie beteiligten sich seinen Angaben zufolge 120 Menschen, davon 60 Patienten mit chronischer Herzschwäche und 60 gesunde Menschen. „Um altersabhängige Effekte untersuchen zu können, gab es zwei Altersgruppen: 55 Jahre und jünger sowie Teilnehmer im Alter von 65 Jahren und älter“, sagte der Mediziner.

Die Menschen absolvierten entweder für vier Wochen ein ärztlich überwachtes Ausdauertrainingsprogramm oder wurden einer Gruppe ohne sportliches Training zugeordnet. Die Sportgruppen trainierten viermal am Tag jeweils 20 Minuten auf einem Ergometer. „Nach vier Wochen hatten die Probanden, unabhängig vom Alter ihre Leistungsfähigkeit um 20 bis 25 Prozent gesteigert“, sagte Gielen.

Im Zusammenhang mit der Auswertung der Studie wurden Gewebeproben aus dem Oberschenkelmuskel der Herzschwächepatienten untersucht und es zeigte sich, dass für den Muskelabbau das sogenannte Ubiquitin-Proteasom-Systems (UPS) verantwortlich ist. Zugleich konnten die Forscher das Enzym MuRF-1 in den Gewebeproben deutlich vermehrt nachweisen. Es dient laut Gielen dazu, defekte Eiweißmoleküle in den Zellen zu markieren, die dann im Körper abgebaut werden. „Weil das Enzym bei Herzschwächepatienten vermehrt auftritt, werden neben den defekten auch gesunde Eiweißmoleküle markiert und abgebaut. Das bedeutet, im gesamten Skelettmuskelapparat breiten sich viele kleine Entzündungsherde aus.“

„Das Ausdauertraining bewirkte aber, dass die Werte dieses Schlüsselenzyms MuRF-1 wieder auf normale Werte sanken und somit der Muskelabbau gestoppt werden konnte“, ergänzte der Herzspezialist. Der medizinische Erfolg lasse sich aber nur erhalten, wenn das Training fortgeführt werde. Die Studie könne eine Grundlage für die Entwicklung spezieller Ausdauertrainingsprogramme für Menschen mit Herzschwäche bilden.

(APA/dpa)

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