Sandboarding – im Rausch der Düne

Sommer, Sonne, Sand – für Snowboarder ist die schneelose Zeit kein Grund, das Brett im Keller verstauben zu lassen. Die Alternative zum trendigen Wintersport heißt Sandboarding. Und zwar mitten in Bayern.

Am Wochenende ersetzen der Sand den Schnee und luftige Sommershorts mollige Skianzüge in der Oberpfalz. Die Snowboardzeit hört nicht auf, wenn der Winter endet. Weltweit stürzen sich einige Unentwegte im Sommer staubige Pisten hinab – auch vom riesigen Quarzsandberg Monte Kaolino in Hirschau mitten in der Oberpfalz. Von den 80er-Jahren an entwickelte sich von Australien über Belgien bis nach Taiwan eine kleine, überschaubare, aber begeisterte Szene des Trendsports Sandboarding, der am Wochenende mal wieder in aller Munde ist. Beim Sandspirit im bayerischen Hirschau treffen von Freitag an einige der besten ihres Fachs aufeinander.

Die meisten sind Snowboarder, obwohl der coole Sport fernab der Kälte seine eigenen Gesetze hat. „Sand ist langsamer und man kann die Slides besser ausfahren – es fährt sich leichter als auf Schnee“, urteilt Sandboarding-Pionier Raymond Inichab. In Namibia zeigt er Touristen in der Namib-Wüste, wie sie die Dünen hinabgleiten können. Damit das dort und in Hirschau klappt, müssen die Sportgeräte richtig präpariert werden. Ohne Wachs geht nichts. Ein paar Hersteller verkaufen mittlerweile auf Sand abgestimmte Bretter, viele Sportler kleben sich einen Belag aus dem Kunststoff Polyoxymethylen unter ein ausrangiertes Snowboard.

Denn der Untergrund bremst nahezu auf Null ab, wie Isabella Laböck sagt. Die Chiemgauerin habe das erste Mal auf Sand ihre Technik gehörig umstellen müssen. Dabei ist sie Profi: Laböck ist eine der besten Snowboarderinnen Deutschlands. „Sandboarding ist wie Surfen“, findet sie. Direktes Lenken über die Kufen ist kaum möglich, gesteuert wird vor allem über Gewichtsverlagerung. Anfang des Jahrtausends schleppten Freunde sie zur Sandboard-WM in Hirschau.

Schon von Weitem ist der Quarzsandberg zu sehen, eigentlich ein etwa 140 Meter hohes und aus mehr als 30 Millionen Tonnen bestehendes Abfallprodukt der Kaolinindustrie – und doch ein Hotspot für Sportler, die das Besondere suchen. Seit mehreren Jahrzehnten wird auf der mehr als 220 Meter langen Abfahrt mit ihrem 35-Grad-Gefälle Sandski gefahren. Dann kamen die ersten auf die Idee, ihr Snowboard umzufunktionieren. „Man muss schon fit auf dem Brett sein, um die Abfahrt zu meistern“, sagt Christian Reil vom örtlichen Skiclub.

Mehr als 15 Jahre war der Monte Kaolino sogar Austragungsort der Sandboard-WM. Spitzensportler wie der ehemalige Snowboard-Weltmeister Markus Ebner traten an, Tausende Zuschauer kamen, MTV übertrug das Spektakel und auf den Bühnen traten Gruppen wie Fettes Brot auf. 2003 holte Laböck bei dem Wettkampf den dritten Platz. „Jeder, der einmal Snowboard gefahren ist, muss einmal auf dem Monte gewesen sein“, sagt sie. Auch Inichab war schon dort, er genoss die „tolle Atmosphäre“. Dabei hat er das Boarden noch klassisch auf Schnee gelernt.

Umbaumaßnahmen auf dem Gelände machen ein Sportevent dieser Größenordnung inzwischen unmöglich. In Hirschau trifft sich die Szene trotzdem noch, wenn auch in kleinerem Rahmen: Wie beim „Sandspirit“ an diesem Wochenende. Organisator Sven Flachenecker wollte den Geist der WM nicht verloren gehen lassen. 100 Aktive gebe es in Deutschland, ein paar Dutzend kommen jedes Jahr für ein verlängertes Wochenende und treten in Disziplinen wie dem Sandslalom gegeneinander an. Und sie alle teilen Flacheneckers Meinung: „Ein Jahr ohne Sand in der Hose ist ein verlorenes Jahr.“ Ob in Hirschau oder sonstwo.

INFO: Sandspirit: http://www.sandspirit.de/; Seite von Isabella Laböck: http://www.isabella-laboeck.com/

(APA/dpa)

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