Microsoft bläst mit Windows Phone 8 zum Angriff

Bisher hat Microsoft auf dem Smartphonemarkt gegen Android von Google und das iPhone von Apple wenig ausrichten können. In einem neuen Anlauf setzt der Software-Riese auf das klassische Windows-System, das auch auf dem PC zum Einsatz kommt.

Mit einer gemeinsamen Plattform für Windows-Smartphones und Windows-PCs will Microsoft im boomenden Smartphone-Markt zum Sprint um Marktanteile gegen die Rivalen Apple und Google ansetzen. Microsofts neues Handy-Betriebssystem Windows Phone 8 wird auf der gleichen technischen Plattform basieren wie das Computer-Betriebssystem Windows 8. Das soll nicht nur den Umstieg bei den Nutzern erleichtern, sondern es vor allem Entwicklern erleichtern, Programme für beide Systeme zu schreiben.

Windows Phone 8 werde bereits in diesem Herbst verfügbar sein, kündigte Microsoft-Manager Joe Belfiore am Mittwoch bei der Vorstellung des neuen Handy-Betriebssystems in San Francisco an. Damit dürfte das neue Smartphone-System nahezu zeitgleich mit dem Desktop-System Windows 8 im Markt starten. Von dem neuen System werden bisherige Besitzer eines Windows Phone nicht profitieren. Ihr Smartphone ist mit dem neuen System nicht kompatibel.

„Wir erwarten, dass die Zahl der Apps steigen wird“, sagte Belfiore. Eines der Probleme der bisherigen Windows-Telefone ist, dass unter anderem wegen des späten Starts vor rund dreieinhalb Jahren bislang noch deutlich weniger der kleinen Zusatzprogramme zur Verfügung stehen als etwa bei Apples iPhone oder bei den Android-Smartphones.

Den App-Entwicklern breitet Microsoft nun den Roten Teppich aus: Da Windows Phone 8 auf dem gleichen System, aufsetzt wie das weltweit weit verbreitete Desktop-Windows, könnten Entwickler mit ihren einmal programmierten Apps ohne großen Mehraufwand auf einen Schlag mehr als 1,3 Milliarden Menschen adressieren, sagte Belfiore. „Das neue System wird die Arbeit der Entwickler verändern.“ Die Apps liefen ohne Modifikationen am Programmcode auf allen Geräten – vom Smartphone über das Tablet und den Laptop bis hin zum Desktop-Rechner.

Nutznießer sollen am Ende die Smartphone-Nutzer sein. Ihnen versprach Belfiore „viele leistungsstarke Telefone“, auf denen etwa Videospiele in bislang ungekannter Qualität liefen. Erste Windows Phone 8-Geräte soll es in drei verschiedenen Display-Größen in verschiedenen Bildschirmauflösungen von den Herstellern Nokia, Huawei, HTC und Samsung geben. Apps sollen sich automatisch an die jeweilige Darstellungsgröße anpassen.

Windows Phone 8 wird unter anderem die leistungsfähigen Mehrkern-Prozessoren nutzen. Damit steht für Anwendungen und vor allem grafisch ausgefeilte Spiele eine deutlich bessere Performance zur Verfügung. Mit der Unterstützung von aktuellen Programmiersprachen wie HTML5 und der neuen JavaScript-Version will Microsoft die Entwickler locken, die damit viel einfacher selbst aufwendige Apps bauen wollen. Allen Entwicklern will Microsoft eine Sprachsteuerung zur Verfügung stellen, die die von Apple (Siri) weit übertreffen soll.

Zudem wird das neue System die Nahfeld-Mobilfunktechnik NFC eingebaut haben. Mit NFC lassen sich zum Beispiel Dateien berührungslos von einem zum anderen Handy austauschen. Auch zum Bezahlen an speziell ausgerüsteten Kassen will Windows Phone 8 NFC nutzen. Dabei sollen die Sicherheitselemente nicht wie üblich im Gerät selbst, sondern auf der SIM-Karte gespeichert werden.

Windows Phone 8 wird überdies die Kartendienste des Partners Nokia integriert haben sowie Office-Anwendungen. Die Telefone akzeptieren MicroSD-Karten zum Ausbau des eigenen Speichers oder zum Austausch von Daten.

Das aktuelle Betriebssystem Windows Phone 7.5 hatte sich trotz großen Lobes aus Fachkreisen nicht spürbar im Smartphone-Markt gegen das iPhone und die unterschiedlichen Android-Handys durchsetzen können. Nach den Daten der Marktforschungsfirma Gartner lag der Anteil der Windows-Handys an den Verkäufen im ersten Quartal bei gerade mal 1,9 Prozent, Tendenz fallend. Apple kam im gleichen Zeitraum auf einen Anteil von 22,9 Prozent und Android auf 56,1 Prozent. Marktforscher sehen für die nächsten Jahre allerdings noch großes Potenzial in der Plattform.

(APA/dpa)

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