Gewerkschaft und AK wettern gegen Euro-Pakt

ÖGB-Chef Erich Foglar und AK-Präsident Herbert Tumpel haben am 21. März gegen den Euro-Wettbewerbspakt gewettert, den die Staats- und Regierungschefs der Euroländer am 24. März in Brüssel absegnen wollen. Foglar warnte im speziellen vor Eingriffen in das System der Flächentarifverträge, die gegebenenfalls „massive Konflikte“ auslösen könnten.

ÖGB und AK drängten am 21. März auf die Einführung einer verbindlichen gemeinsamen Bemessungsgrundlage für Unternehmenssteuern und die Einführung eines Mindeststeuersatzes, traten aber gegen einheitliche Budget- und Einsparregeln für alle Mitgliedsländer ungeachtet ihrer Ausgangsposition (Budget und Schulden) auf. Erneut wurde die Einführung einer Finanztransaktionssteuer gefordert.

Trotz Abschwächungen im ursprünglichen deutsch-französischen Wettbewerbspakt sei der heute vorliegende Vorschlag „höchst unzufriedenstellend“, sagte Tumpel. „Wenn es das Ziel der EU ist, die Löhne zu drücken, ist die auf dem Holzweg“, sagte Foglar. „Der Pakt geht in die völlig falsche Richtung.“

Die Vorhaben könnten „immense Auswirkungen auf die Lohnpolitik haben“, befürchtet Foglar. Es drohe ein Eingriff in die sogenannte Tarifautonomie bzw. wie Abschaffung der Flächentarifverträge. Die gebe es vor allem in jenen Ländern, die die Krise am besten bewältigt hätten – Deutschland und Österreich: „Da muss in der Geisteswelt des Kommissars (Oli Rehn, am.) etwas falsch liegen“, sagte Foglar. „Würde das von oben verordnet werden, würde das sicher zu massiven Konflikten führen.“ Eine vom ÖGB akzeptierte „Koordinierung der Lohnpolitik“ über Ländergrenzen hinweg könne nur über die Sozialpartner erfolgen.

Zweifel an Euro-Maastrichtregeln

Gewerkschaftsbund und Arbeiterkammer kritisierten die ihrer Meinung nach vorhandene „überzogene Sparpolitik“ in Europa. Sie forderten dagegen, die Binnennachfrage zu stärken, denn ohne höhere Einkommen und mehr Beschäftigung werde man die Wirtschaft nicht zum Wachsen bringen: „Wir wollen keine Spar- und Wettbewerbsunion auf Basis der Deregulierung, sondern eine Wachstums- und Beschäftigungsunion auf sozialer Grundlage“, resümierte ÖGB-Chef Erich Foglar.

AK-Präsident Herbert Tumpel erinnerte an die unterschiedlichen Sätze, mit denen Unternehmen in der Europäischen Union in den verschiedenen Ländern besteuert werden – eine EU-Arbeitsgruppe habe vor Jahren einmal einen Steuersatz von 30 Prozent vorgeschlagen, sagte er. Foglar kritisierte, dass Irland, das von den Euro-Staaten einen Kredit von mehr als 60 Mrd. Euro bekommen soll, auf seiner niedrigen Unternehmensbesteuerung von 12,5 Prozent bestehe, ein Steuersatz, der die anderen Euro-Länder schädige.

Länder wie Griechenland und Irland seien aus unterschiedlichen Gründen in der Krise, auch bei der Krisenbewältigung solle man nicht „alle über einen Kamm scheren“, hieß es. ÖGB und Arbeiterkammer seien gegen eine „Verschärfung der prozyklischen Ausrichtung des Stabilitätspakts“. Konkret will man die Dreiprozentregel bei der Neuverschuldung abschaffen, die Krise habe gezeigt, dass diese ohnedies nicht einzuhalten sei, heißt es in einer Pressemitteilung von ÖGB und AK. Auch das Maastricht-Schuldenkriterium von maximal 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) sei „willkürlich“.

AK-Chef Tumpel will eine Finanztransaktionssteuer auf das Volumen von (neuen) Wertpapieren und Derivaten einheben, fällig soll die Steuer „mit der Auftragsvergabe“ werden. Nach Einschätzung von Bundeskanzler Werner Faymann (S) liegt bis zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer freilich noch ein „weiter Weg“ vor den EU-Staaten. Steuerkommissar Algirdas Semeta hatte erst vor zwei Wochen vor einem Alleingang der Union gewarnt. Foglar kritisierte die Europäische Zentralbank (EZB), weil diese nichts gegen die preistreibenden Spekulationen mit Rohstoffen unternehme. Welche konkreten Maßnahmen ihm dabei vorschweben – z.B. Schritte zur Verringerung der Liquidität wie aktuell in China – sagte Foglar nicht.

Keine höheren Unternehmenssteuern

Die Industriellenvereinigung (IV) hält Gewerkschaft und Arbeiterkammer vor, „standortpolitische Notwendigkeiten“ nicht zu erkennen: „Neue Steuern und weitere Belastungen für Unternehmen sowie weiter ausufernde staatliche Defizite kosten weitere Wettbewerbsfähigkeit“, was man sich angesichts der nicht-europäischen Konkurrenz „nicht leisten“ könne, erklärt die IV in einer Reaktion auf Aussagen von Foglar und Tumpel. Die Wirtschaftskammer stieß ins selbe Horn. Dass die Lohnquote seit Jahren zurückgehe bedeute nicht, dass (in Österreich) weniger Kapitalsteuern gezahlt würden, erklärte der stellvertretende IV-Generalsekretär Peter Koren mit Hinweis auf eine EU-Statistik.

Die Wirtschaftskammer sei strikt gegen eine höhere Unternehmensbesteuerung, trete aber für eine einheitliche Bemessungsgrundlage ein, erklärte deren Präsident Christoph Leitl. Im speziellen sprach er sich gegen eine europaweite 30-prozentige Unternehmenssteuer aus. „Wir brauchen klare Regeln, wie die zuletzt massiv angewachsenen Staatsschulden in den Euro-Ländern wieder eingedämmt werden können, um Stabilität und Wachstum sicherzustellen.“ Dass sich Brüssel in die Kollektivverträge einmischen werde glaubt der WKÖ-Chef nicht. Wie die Arbeitnehmer ist auch die Kammer für eine EU-weite Finanztransaktionssteuer.

(APA)

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