Hunderte Roma-Familien in Bulgarien vertrieben

Für hunderte Roma-Familien am Rand der bulgarischen Kleinstadt Yambol ist nun jene soziale Katastrophe, die sich seit Jahren angekündigt hat, Realität geworden: Ein ganzes Wohnviertel wurde auf Anordnung der Stadtverwaltung dem Erdboden gleich gemacht, seine Bewohner hausen nun in Verschlägen auf einem angrenzenden Feld. Einige Kinder mussten bereits in Spitäler eingeliefert werden.

Unter dem Namen „Block 20“ erlangte das Schicksal des Viertels bald überregional traurige Berühmtheit. Eine Anfang der 80er Jahre aus dem Boden gestampfte Plattenbausiedlung war seit damals Unterkunft für einige hundert Roma-Familien. Im Inneren der Betonburg herrschten bald extreme Armut, Verwahrlosung, Krankheiten, Analphabetismus, Prostitution, Alkoholismus und Drogenmissbrauch. Die wenigen, die Arbeit fanden, zogen schnell weg aus dem Block, der Rest versank im absoluten Elend.

Die bulgarische Kinderschutzorganisation „National Network for Children“ hat den Fall nun publik gemacht und übt harsche Kritik an der Stadtverwaltung. Man hätte stets vorgegeben, sich des Problems in „Block 20“ annehmen zu wollen, habe dann aber sämtliche gute Vorsätze wieder über Bord geworfen, heißt es in einem Bericht. Mit den Jahren sei das Wohnviertel zu einem echten Ghetto verkommen, sukzessive wurden Strom- und Wasserversorgung abgeschaltet – und schließlich auch die Mietverträge gekündigt, weil von den Bewohnern längst niemand mehr Miete zahlen konnte.

Ende Mai 2010 wurde der bauliche Zustand von „Block 20“ als gefährlich eingestuft, den Bewohnern wurde mitgeteilt, sie müssten ausziehen. Als ein Kind von einem Betonbrocken erschlagen wurde, ließ Bürgermeister Slavov das Gelände von der Polizei räumen und einen Metallzaun rundherum errichten. Hunderte Familien waren plötzlich obdachlos und siedelten sich unter Plastikplanen oder Holzverschlägen rund um die Baustelle an.

Seither hat sich die Situation nur noch verschärft, die Temperaturen nähern sich allmählich dem Gefrierpunkt. Das „National Network for Children“ fordert vor allem, dass die große Zahl an Kleinkindern samt ihren Müttern in sozialen Einrichtungen untergebracht werden sollen. Für den Rest allerdings bleibt nur zu hoffen, dass der Winter nicht allzu streng wird.

(APA)

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