Suche nach der richtigen Maschine

Es muss schon so etwas wie Liebe sein: Motorradfahrer wählen ihr Fahrzeug meist nach ganz anderen Gesichtspunkten aus als Autokäufer. Da geht es nur in zweiter Linie um Dinge wie Nutzwert oder Kosten der Versicherung. Wichtiger ist in der Regel die emotionale Komponente: Ob man sie begehrt, sich mit ihr sehen lassen mag – der BMW, der Yamaha, der Honda oder wie die Maschinen alle heißen.

Doch selbst wenn es Liebe auf den ersten Blick zu sein scheint, kann es nicht schaden, die Sache zumindest in Grenzen nüchtern anzugehen. Selbst die größte Liebe kann schnell erlöschen, wenn sie so gar nicht zu ihm oder auch ihr passt.

   Zu unterscheiden ist, ob ein neues oder gebrauchtes Motorrad gekauft werden soll – einige Grundregeln aber gelten für beide Fälle. Das trifft auch auf die Frage zu, was es denn sein soll. Gerade beim Motorradkauf darf nicht nur einfach an ein Wunsch-Bike gedacht werden. Zu empfehlen ist auch, sich mal vor den Spiegel zu stellen: Denn der eigene Körper ist beim Kauf mitentscheidend.

   „Beim Typ des Motorrades sollte man sich auch an der eigenen Größe orientieren“, rät Ruprecht Müller, Motorradexperte am ADAC-Technikzentrum in Landsberg (Bayern). Mit einer Größe um die 1,60 Meter wird es schwer, mit einer hochbeinigen Enduro glücklich zu werden. Ratsamer ist in solchen Fällen vielleicht der Blick auf einen bequemem Chopper oder Cruiser mit tief liegender Sitzbank. Müller rät davon ab, sich mit dickeren Sohlen oder höheren Absätzen unter den Schuhen an ein hochbeiniges Zweirad anzupassen. Muss es trotz geringer Körpergröße unbedingt eine Enduro sein, dann kann höchstens eine fachmännisch vorgenommene Tieferlegung des Fahrwerks helfen.

   Speziell Wiedereinsteiger sollten außerdem nicht einfach nach Lust und Laune kaufen. Wer lange nicht am Lenker saß, kann mit der Leistung moderner Maschinen überfordert sein. Achim Marten, Sprecher des Industrie Verbandes Motorrad (IVM) in Essen, weist daher auch auf die aktuellen Motorräder der Einsteigerklasse hin. Die sind beileibe keine schwachbrüstigen Bikes mehr. Sie haben vielmehr 600 bis 800 Kubikzentimeter Hubraum und eine Leistung, die sich durchaus im Bereich oberhalb von 80 PS bewegt. „Die Preise liegen in der Region zwischen 6500 und 9500 Euro“, so Merten.

   Doch egal, welches Motorrad in die engere Wahl kommt: „Eine ausgiebige Probefahrt muss unbedingt sein“, sagt Ruprecht Müller. Nur wer eine längere Strecke mit dem neuen Bike absolviert hat, kann sich sicher sein, dass es die richtige Wahl war. Es reicht daher nicht, einmal um den Block zu kurven. Vielmehr bedeutet „ausgiebig“, dass im Stadtverkehr ebenso gefahren werden sollte wie auf einer schnelleren Strecke. Ruprecht Müller empfiehlt zudem Langsamfahrübungen beispielsweise auf einem leeren Parkplatz und auch das Rangieren und Schieben zu testen.

   Was für ein neues Motorrad gilt, ist auch beim Kauf eines gebrauchten zu beachten – allerdings ist hier noch viel mehr zu berücksichtigen. Ein gebrauchtes Motorrad hat schließlich schon eine Geschichte. Zu klären ist, ob die mit rücksichtloser Gasgriff-Dreherei oder auch einem heftigen Sturz verbunden ist.

   Das Institut für Zweiradsicherheit (ifz) in Essen rät daher, auf Spuren wie Kratzer an äußeren Bauteilen zu achten. Sind die Blinker, Lenkerenden oder Verkleidungsteile verschrammt, ist das zumindest ein Hinweis auf einen Umfaller. Das gilt aber auch, wenn bei einem durchschnittlich erhaltenen Fahrzeug gerade besagte Teile nagelneu wirken – also womöglich eben erst ausgetauscht wurden, um das Erscheinungsbild zu verbessern und damit den Verkaufswert zu erhöhen.

   Ein schlechtes Zeichen ist es laut dem ifz, wenn der Verkäufer das Motorrad mit warm gefahrenem Motor präsentiert. Denn ein schlechtes Kaltstartverhalten deutet oft darauf hin, dass eventuell ein Schaden am Motor vorliegt – was sich bei warmem Motor nicht nachprüfen lässt. Hinweise auf einen nicht mehr taufrischen Motor sind auch Klappergeräusche sowie ein Ölfilm auf Motorteilen.

   Ahnung ist beim Gebrauchtkauf daher ein wichtiges Stichwort: „Es kommt darauf an, wie viel Ahnung man selbst von der Materie hat“, sagt Ruprecht Müller. Weiß ein Kaufinteressent kaum über Motorrad-Technik Bescheid, ist es wichtig, sich jemanden mitzunehmen, der Ahnung hat.

   Und niemand sollte es mit der Suche nach der Richtigen überstürzen. Denn wer möglichst früh genau „die Eine“ haben will, muss dafür oft auch einen entsprechend hohen Preis zahlen. Wer dagegen ein paar Wochen oder Monate abwartet, bis der Saison-Boom vorüber ist, und daneben noch verschiedene Modelle in die engere Wahl nimmt, kann auf günstigere Preise hoffen.

(APA/dpa)

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