Neue Monte Rosa-Hütte: Bergkristall öffnet sich

Noch ist offen, welcher Spitzname hängen bleibt: Ufo oder Bergkristall? Mit ihrer silbernen Aluminium-Außenhülle und der Südfront aus Solarpaneelen sieht die Neue Monte Rosa-Hütte über Zermatt in den Schweizer Alpen tatsächlich aus wie ein gelandetes Raumschiff. Mit ihrem achteckigen Grundriss und den schräg nach oben laufenden Außenwänden erinnert sie aber auch an einen geschliffenen Kristall.

In jedem Fall sorgt sie für Aufsehen: Für Peter Kapelari vom Österreichischen Alpenverein (ÖAV) in Innsbruck ist die Hütte in 2.883 Metern Höhe „ein Kunstwerk“ und „eine architektonische Verrücktheit“, für Matthias Sorg von der Schweizer Umweltschutz-Organisation Pro Natura „ein ökologisches Wunderwerk“.

90 Prozent ihres Energiebedarfs soll die Hütte selbst decken, erklärt die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) Zürich, die das Projekt plante. Möglich macht das die abgeschrägte Südwand, auf der 84 Quadratmeter Photovoltaikzellen die Höhensonne einfangen. Zusätzlich wurden nahe der Hütte Solarkollektoren aufgestellt. Überschüssige Sonnenenergie wird in Batterien gespeichert, für die Nächte und wolkenverhangene Tage. Erst wenn das nicht ausreicht, springt ein Blockheizkraftwerk ein, das Rapsöl verbrennt. Den Befehl dazu funken Computer der ETH Zürich, die die übermittelten Daten der Wetterstation und des Energiesystems der Hütte erfassen.   

Vom 10. März an können die ersten Skitourengeher erkunden, was ihnen die moderne Technik bringt. „Es ist nicht mehr so stickig und im Winter nicht mehr kalt, alles ist gut klimatisiert“, verspricht Peter Planche vom Schweizer Alpen-Club (SAC). Möbel, Decken und Balken im Hütteninneren sind aus hellem Holz, durch Panoramafenster entlang der Kaskadentreppe können die Gäste auf allen fünf Etagen die Kulisse mit dem Matterhorn und dem Monte-Rosa-Massiv überblicken.

„Massenlager“ für vier Personen

Mancher Wanderer schätzte wohl gerade die urige Atmosphäre der alten Monte Rosa-Hütte, die nun abgerissen wird, das Raue, Improvisierte, Romantische. „Wenn urig heißt, dass die Decken kratzen und man in riesigen Lagern zusammen mit vielen Schnarchern schläft – das ist vorbei“, entgegnet Planche. Zwar gebe es weiterhin keine Einzelzimmer, „nur Massenlager“. Der Begriff führt hier aber in die Irre. Denn in der neuen Hütte schlafen nur vier bis acht Wanderer gemeinsam in einem der 19 Zimmer. „Jeder bekommt sein eigenes Bett mit Daunendecken und genügend Platz, um seinen Rucksack abzustellen“, so Planche. Und im Restaurant gebe es für jeden Gast einen Sitzplatz.

Was Wanderern aber viel wichtiger sein dürfte: Sie müssen nun nicht mehr die Hütte verlassen, um auf die Toilette zu gehen. Das Wasser für die Spülung kommt aus der Aufbereitungsanlage in der Hütte. Damit die Gäste die ganze Saison duschen können, wird Schmelzwasser gesammelt. Nicht zuletzt wegen des aufwendigen Abwassersystems kostete der Neubau rund 6,5 Millionen Schweizer Franken (etwa 4,5 Millionen Euro). Neben dem SAC und der ETH Zürich halfen Sponsoren mit, die enorme Summe aufzubringen. „Für uns war das eine einmalige Sache“, sagt Planche. „Wir wollten zeigen, dass man auch im Hochgebirge energieautark bauen kann.“ Vielleicht spornt das Ergebnis ja Nachahmer an. Delegationen aus Japan und China haben sich den Öko-Bergkristall jedenfalls schon genauer angesehen.

Erreichbar nur für erfahrene Wanderer

Wer die neue High-Tech-Hütte bei Zermatt besuchen will, sollte ein erfahrener Wanderer sein. Nach knapp zwei Stunden Fahrt mit der Matterhorn-Gotthard-Bahn und der Gornergratbahn müssen Besucher drei Stunden zur Hütte hochsteigen – und dabei zwei Gletscher überqueren. Peter Planche vom Schweizer Alpen-Club (SAC) rät, dafür Steigeisen einzupacken. Im Sommer würden die 120 Schlafplätze dennoch begehrt sein. „In den ersten Jahren wird die Hütte permanent überfüllt sein“, vermutet Peter Kapelari vom Österreichischen Alpenverein. Gäste sollten deshalb zwei Wochen vorher reservieren. Wie viele Betten schon ausgebucht sind, soll im Internet abzulesen sein.

Erwachsene bezahlen für eine Übernachtung 35 Schweizer Franken (rund 24 Euro), Mitglieder eines Alpenvereins 24 Franken (etwa 16 Euro). Für die Halbpension müssen Gäste zusätzlich 36 Franken bezahlen. Die Hütte werde bis Mitte September geöffnet sein, sagt Planche – bei starkem Interesse vielleicht auch länger.

INFO: www.neuemonterosahuette.ch

(APA/dpa)

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