Der ewige Geheimtipp – Motorradgespann

Die Zahl der auch Beiwagen-Maschinen genannten Gespanne auf den Straßen ist zwar überschaubar – in der Szene ist so einiges los. Die Gruppe der Gespann-Bauer ist zwar mehr als überschaubar. Diejenigen, die sich mit dem Thema beschäftigen, haben aber oft überraschend viel zu tun: „Unsere Auftragsbücher sind bis in den April voll“, erklärt zum Beispiel Peter Sauer, technischer Leiter bei Müller Gespanne im norddeutschen Brodersby.

Mit der geringen Zahl steigt nämlich auch der Anreiz für Individualisten, sich so ein Gefährt zuzulegen. Peter Sauer: „Wir bauen seit 1980 Gespanne – in dieser Zeit hat kein Fahrzeug die Werkstatt verlassen, das mit einem anderen identisch ist.“ Und obwohl Gespanne so ein winziger Bereich sind, gibt es auch hier Trends: In manchen Phasen sind laut Sauer sportliche Modelle gefragt, mal steht das Thema Enduro im Vordergrund.

Auch die Gründe für den Kauf eines Gespannes sind unterschiedlich. Die Möglichkeit der Individualisierung ist dabei nur ein Teilaspekt. Nicht selten wird so ein Dreirad gekauft, weil ein Motorradfahrer sein Hobby mit der Familie erleben will. Es kann aber auch mal ein vierbeiniger Begleiter sein, der den Ausschlag gibt: Der eine oder andere Hundebesitzer greift zum Gespann, weil er seinen pelzigen Kumpel im Beiwagen mit auf Tour nehmen will.

Ein wirklich billiger Spaß ist die Liebe zum Gespann nicht. „Für einen vernünftigen Umbau im Low-Budget-Bereich sollten etwa 10.000 Euro eingeplant werden“, sagt Motorrad-Experte Michael Lenzen. Der durchschnittliche Gespannfahrer legt aber weitaus höhere Summen auf den Tisch. „Meist sind es 40.000 bis 60.000 Euro“, erklärt Peter Sauer. Das Motorrad selbst ist in diesen Summen enthalten. Dass es noch teurer geht, hat aber Sauer ebenfalls schon bewiesen – mit einer fahrbaren Designstudie auf Basis einer Harley Davidson V-Rod. Die stand kürzlich für knapp 80 000 Euro zum Verkauf – als Gebrauchtfahrzeug.

Der Grund für die Preise liegt neben den geringen Stückzahlen vor allem in dem hohen Aufwand. Denn einfach mal ein Beiboot ans Motorrad schrauben, das geht schon lange nicht mehr. Vielmehr müssen aktuelle Motorräder laut Peter Sauer quasi in ein eigens angefertigtes „Korsett“ eingepasst werden, damit die nötige Stabilität gewährleistet ist. Das Vorderrad wiederum wird in der Regel von einer aufwendigen Achsschenkellenkung geführt.

Das Ergebnis ist ein Dreirad, dessen Fahrgefühl sich mit nichts vergleichen lässt: „So ein Gespann fährt sich anders als ein herkömmliches Motorrad und auch anders als ein Auto“, sagt Experte Michael Lenzen. Kein Wunder, handelt es sich bei einem Gespann doch auch um „das einzige asymmetrische Landfahrzeug, das es gibt“. Also eben nichts Halbes, nichts Ganzes – von beidem aber eine ganze Menge.

(APA)

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