Höhere Sozialabgaben gegen deutsches Budgetloch

Auch in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) könnte dann ein höherer allgemeiner Beitragssatz Einzug halten. Hintergrund ist das erwartete Rekorddefizit im Bundesbudget, zu dem die Milliardenzuschüsse an den Gesundheitsfonds und die Bundesagentur für Arbeit (BA) in nicht unerheblicher Weise beitragen.

Regierungssprecher Ulrich Wilhelm betonte in Berlin, es gebe keine Festlegung, wie mit einem erneuten Defizit der BA im Jahr 2011 umgegangen werde. Nur für 2010 gebe es die Vereinbarung, dass der erwartete Fehlbetrag mit einem Zuschuss des Bundes in Höhe von 16 Milliarden Euro ausgeglichen werde. Ein Sprecher des Arbeitsministeriums fügte hinzu: „Über 2011 wird im Lichte der konjunkturellen Entwicklung 2010 zu reden sein.“ Es gebe in der Regierung keine Überlegung, den bis Ende 2010 auf 2,8 Prozent festgeschriebenen Beitragssatz auf mehr als die vorgesehenen drei Prozent anzuheben. Von derlei Überlegungen hatte die „Süddeutsche Zeitung“ aus Fraktionskreisen berichtet. Schon in den Koalitionsverhandlungen hatten Budgetexperten eine Beitragsanhebung auf 4,5 Prozent ins Gespräch gebracht.

Sparprogramm über zehn Mrd. Euro

Schäuble hatte vor wenigen Tagen angekündigt, ab 2011 wolle er das erwartete strukturelle Defizit von rund 70 Milliarden Euro mit einem Sparprogramm um rund zehn Milliarden pro Jahr verringern. CDU-Budgetexperte Nobert Barthle sagte, die Koalition werde „mit Sicherheit irgendwann“ den Arbeitslosenbeitrag anheben müssen. Zudem brachte er im „Bayerischen Rundfunk“ eine Deckelung der Steuerzuschüsse an die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ins Gespräch. An diese fließen aus Bundesmitteln nächstes Jahr knapp 16 Milliarden Euro.

Der gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Jens Spahn, sagte, niemand könne Beitragserhöhungen in der Krankenversicherung für Jahre ausschließen. „Aber im Krisenjahr 2010 wollen und werden wir sie stabil halten.“ Zudem könnten die Kassen zunächst in eigener Regie Zusatzbeiträge erheben. Über die Höhe des bundesweiten allgemeinen Beitragssatzes von derzeit 14,9 Prozent entscheidet das Kabinett jeweils im Herbst.

Kritik an höheren Sozialabgaben

Wirtschafts- und Arbeitsmarktexperten von Union und FDP wandten sich entschieden gegen höhere Sozialabgaben. „Wenn die Lohnnebenkosten um ein Prozent steigen, führt das zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit von mindestens 100.000. Das sollte man nicht riskieren“, sagte Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs, der zugleich Chef des Wirtschaftsflügels der CDU/CSU-Fraktion ist, der „Financial Times Deutschland“ von Mittwoch. Der CSU-Mittelstandsexperte Hans Michelbach warnte, höhere Beitragssätze schwächten die Wettbewerbsfähigkeit.

Die FDP-Fraktion kündigte an, eine Erhöhung des Arbeitslosenbeitrags über das vereinbarte Maß hinaus nicht mitzutragen. Vizechef Heinrich Kolb verwies auf die Vereinbarung der Koalition, die Lohnzusatzkosten dauerhaft unter 40 Prozent zu halten.

Regierungssprecher Wilhelm sagte, Festlegungen oder Detaildiskussionen seien zum jetzigen Zeitpunkt sinnlos. Die Regierung müsse bei ihrer Entscheidung im nächsten Jahr sowohl dem Ziel der Budgetkonsolidierung Rechnung tragen, wolle aber zugleich die Wirtschaft nicht zusätzlich schwächen. Zudem sei die Steuerschätzung im Mai von hoher Bedeutung. Die Opposition warf Schwarz-Gelb vor, vor allem den Beitragszahlern und Geringverdienern in die Tasche greifen zu wollen.

(APA)

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