Heftige Kritik an ORF-Gesetzesentwurf

Neben dem ORF-Zentralbetriebsrat hat auch der Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) eine Stellungnahme an das Bundeskanzleramt geschickt und den in Begutachtung befindlichen Entwurf kritisiert. Nach Ansicht der Privatsender lässt der Gesetzgeber mit der Novelle erneut eine Möglichkeit verstreichen, gesetzliche Rahmenbedingungen für ein faires duales System zu schaffen.

Betriebsräte: Gesetz ist „Forderung nach Mitarbeiterabbau“

Geht es nach dem Mayer-Gutachten werde die Teilrefundierung an die Bedingung geknüpft wird, dass der ORF die Personal- und Pro-Kopf-Kosten, die Kapazitäten und die Sachkosten deutlich reduziert, meinen die Betriebsräte. „Das Postulat der Reduktion der Pro-Kopf-Kosten“ sei „geradezu die Forderung nach Abbau journalistischer und programmgestaltender Mitarbeiter/innen bzw. älterer, meist teurerer Arbeitskräfte und damit berufsgruppen- und altersdiskriminierend“, heißt es in der Stellungnahme von Zentralbetriebsrats-Obmann Gerhard Moser. „Damit erfolgt ein Eingriff in die verfassungsgesetzlich gewährleistete Unabhängigkeit des Rundfunks und seiner Gestalter.“

Die Forderung der Regierung stelle den ORF außerdem vor ein „unlösbares Dilemma“, befindet Mayer in seinem Gutachten. Entweder der Sender verzichtet auf die Refundierung, dann könne er sich die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags nicht mehr leisten. Oder der ORF folgt der Vorgabe der Regierung, „dann kann er den öffentlich-rechtlichen Auftrag nicht erfüllen, weil er erhebliche Einschnitte vor allem im Personalbereich durchzuführen hat. Eine Regelung, die derartige Konsequenzen zeigt, ist unsachlich und daher verfassungswidrig“, heißt es.

„Übermächtige Stellung der Regulierungsbehörde“

Der Zentralbetriebsrat warnt außerdem vor der „übermächtigen Stellung der Regulierungsbehörde“. Die Behörde darf laut Gesetzesnovelle künftig sowohl bei der Gebührenhöhe, als auch bei der Qualitätssicherung, der Einhaltung der Werberegeln und bei der Wirtschaftsprüfung des ORF mitreden. Die ORF-Belegschaftsvertreter empfehlen hingegen, die Regulierungsbehörde „auf ein Anzeigerecht beim Bundeskommunikationssenat (BKS) zu beschränken“. Beim BKS, der von Berufsrichtern besetzt ist, sehen die Betriebsräte die Unabhängigkeit „deutlich stärker ausgeprägt, als in einer staatlichen Behörde, deren Mitglieder auf Zeit bestellt werden“.

Kritik gibt es für die versäumte Gremienreform in ORF-Stiftungs- und Publikumsrat. „Wie der Rechnungshof fordert der Zentralbetriebsrat im Interesse einer effizienten Unternehmensstruktur ein Aufsichtsgremium, wie es in Kapitalgesellschaften vorhanden ist.“ Die im ORF-Gesetz vorgesehene Frauenförderung stößt beim Betriebsrat auf Zustimmung, allerdings warnt er auch hier vor einer Verbürokratisierung durch die für die Überprüfung der Gleichstellung vorgesehenen Organe. „Weiters ist das Gleichstellungsgebot auch auf die Tochterunternehmen des ORF und auf überlassene Arbeitskräfte auszuweiten.“

Privatsender sehen zusätzliche Marktverzerrung

Die geplante Teilrefundierung der Gebührenbefreiungen verzerre den Wettbewerb noch weiter, findet der VÖP und fordert daher „zur Abmilderung dieses Effekts“ eine Aufstockung der Fördermittel für Privatsender auf 20 Millionen Euro pro Jahr. Der VÖP wiederholt in der Stellungnahme außerdem seine Forderungen, den ORF auf seinen öffentlich-rechtlichen Kernauftrag zu beschränken und „den Wildwuchs an kommerziellen Aktivitäten zu beseitigen“.

Konkret geht es um Einschränkungen des ORF beim Product Placement – die Gesetzesnovelle sehe hier nämlich eine maximale Liberalisierung für den ORF vor – und um eine effektive Reduktion des Durchrechnungszeitraums für Werbezeitbeschränkungen. Weiters kritisiert die private Konkurrenz, dass der Gesetzgeber im Zuge des EU-Beihilfeverfahrens effektive Kontroll- und Sanktionsmechanismen im Hinblick auf die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags zugesichert habe. Im Gesetzesentwurf seien geeignete Sanktionsmöglichkeiten hingegen nicht vorgesehen.

„Der vorliegende Gesetzesentwurf entspricht daher nach Ansicht des VÖP nicht den Vorgaben des Beihilfeverfahrens“, heißt es in der Stellungnahme. Kritik gab es auch für die faktisch fehlende Beschränkung der Online-Angebote des ORF und die unklaren Bestimmungen rund um das neue „Informations- und Kulturspartenprogramm“.

(APA)

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